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Gläubigerverhandlungen – Schwerpunkt bei außergerichtlichen Sanierungen

Aus Angst und Unkenntnis verschleiern Geschäftsführer die wirtschaftliche Situation ihres Unternehmens

Typisch für Geschäftsführer von krisenbehafteten Unternehmen ist, dass sie versuchen, die Gläubiger über die wahre Lage ihres Unternehmens im Unklaren zu lassen. Gerade bei Liquiditätsengpässen wird häufig versucht, die wahre Wirtschaftssituation zu verschleiern.

Lieferanten werden regelmäßig vertröstet und mit vagen Versprechungen hingehalten. Dieses Verhalten führt in der Regel dazu, dass die Gläubiger ihre Forderungen zur Durchsetzung an Anwälte weitergeben, die dann direkt titulieren bzw. versuchen, im Rahmen von außergerichtlichen Einigungen Ratenzahlungsvereinbarungen zu schließen.

Neben dem stetig wachsenden Druck, dem sich die Geschäftsführer durch den Forderungseinzug der Gläubiger ausgesetzt fühlen, kommen natürlich auch noch die zusätzlichen Rechtsverfolgungskosten und Verzugszinsen in beträchtlicher Höhe hinzu.

Nebenbei leidet dann zwangsläufig die Bonität des Unternehmens! Durch Meldung an die Wirtschaftsauskunfteien und Kreditversicherer wird die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens nach unten korrigiert. Dadurch kann der gute Ruf eines Unternehmens beträchtlichen Schaden erleiden.


Aus der Not belügen Geschäftsführer oft ihre Gläubiger

Bei weiterer Verschlechterung der Liquidität werden nur noch die Gläubiger bezahlt, die besonders konsequent drängen, mahnen und vollstrecken oder deren Ware/ Dienstleistung unbedingt für den eigenen Fortgang der Produktion / des Geschäfts benötigt wird.

Alle anderen Gläubiger werden dann mit Ausreden und Zahlungsversprechen, die zum Teil irreal sind, abgewimmelt.

Diese „Vorgehensweise“ birgt zusätzlich einige Risiken: So können möglicherweise Haftungstatbestände durch die einzelne Bevorzugung von Gläubigern verwirklicht werden. Regelmäßig werden Vollstreckungsaufträge der Gerichtsvollzieher gespeichert und dienen in späteren Strafverfahren z. B. wegen Insolvenzverschleppung (§ 283 StGB ff.) als Indiz für Insolvenzdelikte. Weiter ist der Vertrauensverlust für eine später möglicherweise dringend benötigte Akzeptanz von Forderungsverzichten als Sanierungsbeitrag äußerst schädlich.


Der richtige Umgang mit den Gläubigern bestimmt den Sanierungserfolg!

Um entsprechenden Erfolg bei der Sanierung und Revitalisierung von Unternehmen zu haben, ist es unumgänglich, sich auch mit der Minimierung von Verbindlichkeiten auseinanderzusetzen.

Gläubigerverhandlungen sollten von Fachleuten geführt werden, die zum Einen das juristische Grundwissen haben und zum Anderen über den Markt, die Produkte und die Dienstleistungen informiert sind. Optimal ist daher, wenn ein sanierungs- und insolvenzrechtserfahrener Anwalt gemeinsam mit einem betriebswirtschaftlichen Sanierer die Verhandlungsführung mit den Gläubigern im Wege einer Unternehmensrestrukturierung übernimmt.

Verhandlungen mit Gläubigern sollten auf keinen Fall allein durch den Geschäftsführer erfolgen! Hier ist Verhandlungsgeschick, Konsequenz und regelmäßig eine emotionslose Darstellung der tatsächlichen Lage gefragt.


Strategie von Gläubigerverhandlungen

Zunächst wird ein schlüssiges Sanierungskonzept (IDW Standard S 6) erarbeitet, das schonungslos die Situation des Unternehmens darstellt und zeigt, welche Maßnahmen (z. B. im Rahmen von Gläubigerverzichten) durchgeführt werden müssen, damit das Unternehmen in Zukunft nachhaltig gestärkt aus der Sanierung hervorgeht.

Vorhandene oder in der Zukunft zur Verfügung stehende Liquidität entscheidet in der Regel über die Höhe der Quote des Vergleichs. Dabei kann es durchaus sein, dass für die Vergleichszahlungen Dritte (Lieferanten, die ihre Kunden nicht verlieren wollen, Banken und/ oder Gesellschafter) Gelder anbieten, die aber nur im Rahmen eines einheitlichen Vergleiches der Gläubiger dann zur Zahlung der Quote freigegeben werden.

Erfahrene Sanierer unterscheiden dabei unterschiedliche Gläubigergruppen, die zum Teil besichert sind bzw. durch staatliche Protektion eine besondere Stellung haben. So ist ein Vergleich mit den so genannten Berufsgläubigern - hierzu zählen Finanzamt, Sozialversicherungsträger und Berufsgenossenschaft - viel schwieriger zu verhandeln, als es mit den "normalen" Gläubigern aus Lieferungen und Leistungen der Fall ist.


Beispiele einiger Möglichkeiten, um eine Sanierung erfolgreich durchzusetzen

- Stundung (Verschiebung der Fälligkeit)

- Teilverzicht (Verzichte werden aufgrund der Höhe der Forderung bzw. Menge der Gläubiger unterschiedlich gestaltet)

- Ratenzahlungsvereinbarung mit Forderungsverzicht (beispielsweise mit einem Vergleich vereinbart, der in bestimmten Raten zu bezahlen ist)

- Umwandlung von Verbindlichkeiten in Eigenkapital (gerade bei Lieferanten, deren Schlüsselkunden in Schwierigkeiten sind, können Umwandlungen sehr hilfreich sein)

- Rangrücktritt (qualifiziert und unqualifiziert)

- Umfinanzierung

- Vergleichserfüllung gegen Quotenzahlung

- Vergleich / Verzicht mit Besserungsschein

Der Zeitpunkt der Verhandlungen mit den Gläubigern muss gut gewählt sein, da schon eine Stundungsanfrage bei den Gläubigern als mögliches Eingeständnis der Zahlungsunfähigkeit gewertet und verstanden wird.

In den meisten Fällen wird der Sanierer die Gläubiger auch darauf hinweisen, dass eine Ablehnung bzw. ein Zögern bei der Annahme des Vergleichs unweigerlich dazu führen wird, dass gerade dann die Zahlungsunfähigkeit nach § 17 Abs. 2 InsO eintritt und damit der Insolvenzantrag zeitnah von dem Schuldner gestellt werden muss. Hierbei wird immer herausgestellt, dass in der Regel die Quote des außergerichtlichen Vergleichs wesentlich höher ist, als die Quote, die der Insolvenzverwalter aus der Masse anbieten kann.


Sanierungserfahrung gibt es nicht in Universitäten zu erlernen!

Vielfach sind Rechtsanwaltskanzleien, Steuerberatersozietäten und Unternehmens-beratungen u. a. auch auf Unternehmenssanierungen spezialisiert. Ob dies wirklich so ist und die dort tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die nötige Erfahrung verfügen, kann im Grunde immer nur dann festgestellt werden, wenn ein entsprechendes Mandat übertragen wird. Geschäftsführer von krisenbehafteten Unternehmen sind gut beraten, sich entsprechende Referenzen geben zu lassen bzw. die Reputation der Kanzlei und/ oder der direkt beauftragten Partner und Mitarbeiter zu prüfen.

Da Sanierung ein durchaus lukratives Geschäftsfeld ist, tummeln sich hier auch selbsternannte Spezialisten, die leider nicht über die nötige Erfahrung und Kompetenz verfügen, betriebswirtschaftliche, personalwirtschaftliche und finanzwirtschaftliche Strategien im Rahmen der Restrukturierung zu entwickeln und entsprechend erfolgreich umzusetzen.

Erfolgreiche Sanierer leben von ihrem Ruf, da sie heimlich und leise von zufriedenen Geschäftsführern weiterempfohlen werden. Marktschreierische Werbung und bunte Internetseiten sagen noch nichts über die Qualität der Beratung bei Unternehmen in der Krise aus.


[ 01.10.2010 ]



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