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Die Rückkehr der Steuerberaterhaftung (Stand März 2017)

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Rechtsprechung…

Im Jahre 2013 (BGH-Urteil IX ZR 304/ 2012 vom 06.06.2013) entschied der BGH in einem gern zitierten Urteil gegen eine zu strenge Auslegung zu Ungunsten des beauftragten Steuerberaters. Der Steuerberater könne nur in soweit haftbar gemacht werden, wie weit sein Mandat tatsächlich auch reicht. Ein Steuerberater, der zum Beispiel von einer GmbH ein beratendes Dauermandat erhalten hat, habe nicht die Pflicht, den Mandanten auf seine insovlenzrechtlichen Pflichten hinzuweisen. Es sei also nicht die Aufgabe des mit einer allgemeinen steuerlichen Beratung der GmbH beauftragten Steuerberaters, den Geschäftsführer bei einer Unterdeckung der Handelsbilanz darauf hinzuweisen, dass es die Pflicht des Geschäftsführers ist, eine insolvenzrechtliche Überprüfung in Auftrag zu geben, ob Insolvenzreife besteht.

Wird der Steuerberater aber hingegen vom Mandanten explizit mit der Prüfung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung beauftragt, haftet er auch unter insolvenzrechtlichen Maßgaben, sofern sein Prüfungsergebnis fehlerhaft ist bzw. er sein (negatives) Prüfungsergebnis nicht kommuniziert. Gleiches gilt auch, wenn der Steuerberater die Prüfung der insolvenzrechtlichen Überschuldung ungefragt und ohne konkretes Mandat durchführt; schon allein mit der thematischen Beschäftigung befindet sich der Steuerberater aus theoretischer Sicht auch in der insolvenzrechtlichen Verantwortung.


Die Unsicherheit schlägt zurück

Konnte sich ein Steuerberater mit oben benannten Spielregeln irgendwie arrangieren, indem er nicht zu weit prüft bzw. bestimmte Sachverhalte ignoriert, gibt ein neues BGH-Urteil nun wieder Grund zur Sorge; auch wenn es im Urteil grundlegend um eine Mängelhaftung geht, präsentiert der BGH mit Urteil vom 26.01.2017 (IX ZR 285/14) folgende nicht zu unterschätzende Leitsätze:

Der mit der Erstellung eines Jahresabschlusses für eine GmbH beauftragte Steuerberater ist verpflichtet zu prüfen, ob sich auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen und der ihm sonst bekannten Umstände tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten ergeben, die einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit entgegenstehen können. Hingegen ist er nicht verpflichtet, von sich aus eine Fortführungsprognose zu erstellen und die hierfür erheblichen Tatsachen zu ermitteln (Ergänzung zu BGH, WM 2013, 802 und BGH, WM 2013, 1323).

Der mit der Erstellung eines Jahresabschlusses für eine GmbH beauftragte Steuerberater hat die Mandantin auf einen möglichen Insolvenzgrund und die daran anknüpfende Prüfungspflicht ihres Geschäftsführers hinzuweisen, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und er annehmen muss, dass die mögliche Insolvenzreife der Mandantin nicht bewusst ist (teilweise Aufgabe von BGH, WM 2013, 802).

Der letztgenannte Leitsatz ist für den Steuerberater eine Rückkehr zu kaum absehbaren Risiken. Wann sind Anhaltspunkte offenkundig? Wann muss ein Steuerberater annehmen, dass die mögliche Insolvenzreife der Mandantin nicht bewusst ist? Die Antwort ist trivial: im Zweifel vermutlich immer.


Eine neue Hoffnung?

Wird sich diese weit auslegbare Entscheidung kurz- bis mittelfristig konkretisieren lassen? Grund zur Hoffung besteht unserer Meinung nach nicht. Vielmehr könnte diese weite Fassung als Einfallstor für viele Auslegungen zu Ungunsten des Steuerberaters genutzt werden.

Die Steuerberaterhaftung ist ein Dauerthema, das durch aktuelle Rechtsprechung immer wieder neu definiert wird. Mal sind die Haftungsrisiken konkreter, mal sind sie etwas weiter auszulegen. Sicher ist lediglich, dass Haftungsfragen immer immanent sind, wenn die Mandantin in die Krise rutscht.


Handlungsempfehlung

Es wird nie die zu hundert Prozent sichere Handlung gegen eine Haftung des Steuerberaters geben, solange es nicht eine klare, in der Praxis auf alle Aufträge anwendbare Grundsatzeinscheidung geben wird. Das Problem ist schlicht und einfach auch, dass kaum ein Mandat dem anderen gleicht, bezogen auf Dauer, Umfang und Vertrauen.

Unsere Empfehlung ist und bleibt daher seit jeher die gleiche: bei buchhalterischen und/ oder bilanziellen Krisenanzeichen sollte die Mandantin schriftlich durch den Steuerberater darüber informiert werden. Es sollte auf eine insolvenzrechtliche Prüfung/ Beratung durch externe Sanierungsspezialisten verwiesen werden und ggf. sollte sogar das Mandat niedergelegt werden, wenn die Mandantin von einer solchen insolvenzrechtlichen Beratung absieht. Nur so kann sich ein Steuerberater im Zweifel gegen konkrete Haftungsvorwürfe in Bezug auf insolvenzrechtliche Hinweispflichten verteidigen.

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