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Die Aufdeckung krimineller Handlungen in Unternehmen während einer Sanierung

Erfahrene Sanierer prüfen auch immer, ob mögliche kriminelle Handlungen vorliegen!

Für die beauftragten Sanierer - externe Berater oder auch eingesetzte Interimsmanager - ist es wichtig zu prüfen, ob in der jüngsten Vergangenheit des Unternehmens kriminelle Handlungen durchgeführt worden sind, die zwar zum Zwecke des Unternehmenserhaltes dienen, jedoch die Strafverfolgungsbehörden auf den Plan rufen könnten.

Das Aufspüren von kriminellen Handlungen ist allerdings nicht der primäre Auftrag eines Sanierers. So ist es nicht die Aufgabe eines Sanierers, direkt nach solchen Aktivitäten zu suchen, jedoch muss zum Selbstschutz stichprobenartig in der Buchhaltung und den vorhandenen Unterlagen auf besondere Vorkommnisse hin geprüft werden.

Es ist schwierig, die weitere Vorgehensweise eines Interimsmanagers bzw. eingesetzten Sanierers zu beschreiben, wenn er kriminelle Handlungen aufdeckt.


Wer wurde wann überhaupt geschädigt?

Zum Einen ist sicherlich das Ausmaß der kriminellen Handlungen zu erfassen. Zum Anderen sollte geprüft werden, wer wann geschädigt wurde und ob Schadensersatzansprüche bestehen. Grundsätzlich ist bei der Feststellung von kriminellen Handlungen ein strafrechtserfahrener Jurist hinzuzuziehen, damit alle rechtlichen Möglichkeiten geprüft werden können.

Die Genugtuung der Überführung eines Wirtschaftsstraftäters im Rahmen einer Sanierung ist meist gering, da selbst bei einem gerechten Strafurteil dies keinerlei Wirkung auf die Restrukturierung des Unternehmens hat.

Leider arbeiten die Strafverfolgungsbehörden auch nicht immer mit dem nötigen Fingerspitzengefühl und können sogar durch zum Teil unnötige Ermittlungsaktivitäten aus einer Sanierung ein Insolvenzverfahren machen.

Im Rahmen von Sanierungen haben die eingesetzten Spezialisten in er Regel mit zwei Arten von kriminellen Handlungen zu tun: Zum Einen mit kriminellen Handlungen, die zum Unternehmenserhalt beitragen sollen und zum Anderen mit Beiseiteschaffen von - zum Teil mit Rechten Dritter belegtem - Anlagevermögen.


Arbeitnehmer verhalten sich zum Teil auch kriminell!

Dazu kommt auch, dass im Rahmen von Sanierungen und Restrukturierungen die Arbeitnehmer eines Betriebes häufig alles an kleinerem Betriebsvermögen stehlen, da sich die Arbeitnehmer denken, dass es sich ja um keinen echten Diebstahl handle. Losgelöst davon, dass eine bestimmte gesellschaftlich „anerkannte“ Kriminalität von Arbeitnehmern sowieso vorliegt, indem sie bestimmte Gebrauchsartikel aus der Firma für ihr privates Leben entnehmen, wird der Diebstahl bei Unternehmen in der Krise zum Teil verdoppelt und verdreifacht!


Mitarbeiter glauben, das Unternehmen ist ihnen etwas schuldig!

Die Mitarbeiter glauben, dass das Unternehmen ihnen aufgrund der jahrelangen Zugehörigkeit etwas „schuldig“ ist. Da sie glauben, dass das Unternehmen, was nun in der Krise steckt, seine „Schuldigkeit“ bei ihnen nicht mehr abtragen kann, nehmen sie sich einfach einen adäquaten Wert in Form von Werkzeug oder anderen Wirtschaftsgütern.

Der Verfasser - selbst viele Jahre als Insolvenzverwalter und Sanierer tätig - hat die Erfahrung gemacht, dass auch Betriebsvermögen mitgenommen wird, was Dritten gehört bzw. mit Rechten Dritter belegt ist. So ist z. B. der Diebstahl einer teuren und daher geleasten Schlagbohrmaschine keine Seltenheit. Das Problem: Die Leasingfirma wird später im Rahmen von Aus- und Absonderung ihre Eigentumsrechte geltend machen und feststellen, dass die Maschine nicht mehr vorhanden ist. Damit tritt die persönliche Haftung des Geschäftsführers (bzw. der Kapitalgesellschaft) ein, der bei Nichtzahlung der Maschine auch noch mit einer strafrechtlichen Verfolgung wegen Diebstahls bzw. Betruges rechnen muss.


Die Belegschaft muss daher unbedingt über die Auswirkung von kriminellen Handlungen informiert werden!

Ist die Belegschaft ausführlich über die Tragweite der Unternehmenskrise informiert, wird - neben den Abwerbungsversuchen der Mitbewerber - auch der ein oder andere Mitarbeiter über eine eigene Selbständigkeit nachdenken. Das führt oft dazu, dass die Beschaffung von Daten in jeglicher Art und Form forciert wird. Das Kopieren von Kundendaten, Lieferantendaten sowie Preiskalkulationen ist ein „normaler“ Vorgang. Der oder die Sanierer müssen deshalb sehr schnell dafür sorgen, dass Sicherheitsinstrumente in die EDV eingebaut werden, die einen Kopiervorgang nicht mehr ohne Weiteres zulassen.

Vielfach schließen sich auch bestimmte Mitarbeiter einer Abteilung zusammen, die glauben, mit der herausgelösten Abteilung selbst unternehmerisch erfolgreich tätig werden zu können. Sie werden dann - wenn es nicht schon vorher von langer Hand vorbereitet war! - versuchen, sämtliche Daten und Informationen zu stehlen.


Sieger und Besiegte wechseln sich ab!

Ein langjähriger Sanierer wird der Belegschaft schnell klar machen, dass es bei solch einem Verhalten immer Sieger und Besiegte geben wird. Die Arbeitnehmer, die sich weder selbständig machen können, noch eine Chance haben, auf dem Arbeitsmarkt eine Arbeit in gleichartiger Form zu erhalten, werden deshalb versuchen, im Rahmen des erhofften Arbeitsplatzerhaltes das kriminelle Verhalten ihrer Kollegen zu melden.

Deshalb ist es umso wichtiger, dass das Sanierungsteam bzw. der Interimsmanager sofort nach Übernahme der Arbeit eine Belegschaftsversammlung einberuft und den Arbeitnehmern erklärt, dass nur das Unternehmen im Ganzen erhalten bleiben wird, wenn sich alle Beteiligten mit dem nötigen Engagement einbringen.

Es ist im Rahmen der Betriebsversammlung dann drastisch auch auf die Konsequenzen von Diebstahl hinzuweisen. Dies wird die Belegschaft nicht immer am Diebstahl hindern, jedoch wird damit sicherlich eine vereinzelte Abschreckung erfolgen.

Die Mitnahmementalität erstreckt sich natürlich auch auf gehobene Angestellte und selbst auf die Geschäftsleitung. So ist es nicht unüblich, dass z. B. Mitarbeiter, die im Besitz einer Tankkarte sind, auch für private Fahrten tanken. Auch private Unfallschäden, werden auf Kosten des Unternehmens in der Werkstatt repariert.

Im Rahmen der Kostenreduzierung werden sicherlich sämtliche Dauerschuldverhältnisse geprüft. Aufgrund von gewachsenen Verbindungen wird in jeder Sanierung festgestellt, dass z. B. Versicherungen und sonstige wiederkehrende Dienstleistungen teuer eingekauft wurden. Das hängt damit zusammen, dass sich zwischen dem Inhaber/ Geschäftsführer und der Versicherungsagentur im Laufe der Jahre ein freundschaftliches Verhältnis entwickelt hat und hier kaum noch im Wege der Betriebskostenminimierung verhandelt wird. Durch fehlende Einkaufskompetenzen und ein nicht vorhandenes Controlling im unteren Mittelstand fallen diese Positionen erst im Rahmen von Konsolidierung/ Sanierung auf. Hier handelt es sich zwar nicht um kriminelle Machenschaften, jedoch führt dies sicherlich auch mit dazu, dass das Unternehmen in der Krise ist.


Betrug und Verschleierung für den Unternehmenserhalt

Viele Sanierer finden Tatsachen vor, die auf Betrug und Verschleierung hinweisen, da der Unternehmer/ der Geschäftsführer alles versucht, um das Unternehmen zu erhalten. Ein klassisches Delikt ist, dass die Umsatzsteuervoranmeldungen so gekürzt werden, dass das Finanzamt keine Zahllast zu erwarten hat bzw. sogar Steuern zurückzahlen müsste.


Vorherige oder nachträgliche Bilanzänderung ist Urkundenfälschung!

Im Rahmen einer „BWA-Optimierung“ werden zum Teil Rechnungen von Lieferanten nicht eingebucht bzw. es wird darum gebeten, dass die Lieferanten ihre Rechnungen erst einen Monat später stellen. Ein professioneller Sanierer wird immer erkennen, dass die Geschäftsleitung versucht, insolvenzspezifische Fakten beiseite zu schieben bzw. zu neutralisieren.


Sicherheiten werden verschoben!

Die Unternehmer / Geschäftsführer fangen oft in der Krise an, nachträgliche Besicherung zum Teil auch an Familienangehörige oder befreundete Dritte zu geben. Der Hintergrund ist in den meisten Fällen der Irrglaube, man könne nach der Insolvenz einfach mit einem neuen Unternehmen mit den wichtigsten Maschinen, der Büroausstattung und dem betriebsnotwendigen Anlagevermögen weitermachen. Der Interimsmanager bzw. die eingesetzten Sanierer haben hier grundsätzlich aus haftungstechnischen Gründen die Pflicht, das Firmenvermögen auch in der Sanierung zusammenzuhalten.

Immer noch sind die Mehrkontenmodelle ein gern genutztes Verfahren, um den Banken entsprechende Umsätze zu suggerieren. Diese Verschleierung führt zum Teil dazu, dass die wahre wirtschaftliche Situation des Unternehmens erst verspätet erkannt wird. Auch hier ist sofort nach Kenntnis durch den Sanierer Abhilfe zu schaffen.


Gesellschafterdarlehen sind Eigenkapitalersatz!

Im Rahmen von „zukünftigen“ Lösungen hinsichtlich einer Unternehmensfortführung fordern Angehörigen oft kurzfristig ihre seinerzeit gegebenen Gesellschafterdarlehen zurück. Hier wird allerdings später im Rahmen einer möglichen Anfechtung des Insolvenzverwalters keine Möglichkeit bestehen, dieses Geld zu behalten! Das Unternehmen wird so durch betrügerisches Verhalten illiquide und entkapitalisiert. Dies wird von Insolvenzrechtlern als „Bankrottdelikt“ bezeichnet. Auch hier haben die eingesetzten Sanierer entsprechend zu prüfen und Gegenmaßnahmen zu treffen.


Kreditbetrug - Vortäuschung falscher Tatsachen

Laut dem schon am 20.05.2003 gefällten BGH-Urteil dürfen Banken Kredite fristlos kündigen, wenn eine unmittelbar drohende Gefahr der Zahlungsunfähigkeit des Darlehensnehmers vorliegt, diese aber noch nicht eingetreten ist. Deshalb muss einem Unternehmen, dem eine Zahlungsunfähigkeit droht, mit Hilfe eines Liquiditätsmanagements schnell und umfassend geholfen werden. An dieser Stelle täuschen Geschäftsführer häufig falsche Tatsachen vor, um eine Kreditkündigung zu verhindern.

Die Finanzierungsinstitute spielen in Deutschland bei unternehmerischen Entscheidungen immer noch eine sehr große Rolle. Diese Rolle verstärkt sich dann, wenn das Unternehmen in eine Krise rutscht. Banken und Sparkassen haben dann jedoch gesetzliche und regulative Vorgaben zu erfüllen, die ihnen zum Teil die Möglichkeit einer weiteren Unterstützung des Unternehmens raubt.

Damit nimmt der Druck auf die Geschäftsleitung zu. Dieser Druck führt dazu, dass schon im Vorfeld in der Buchhaltung Manipulationen begangen werden, damit dem Finanzierungsinstitut dann das „gewünschte“ Ergebnis vorgelegt werden kann.


Liquidität geht vor Rentabilität

In der Krise geht Liquidität vor Rentabilität und in dem Zusammenhang werden alle Maßnahmen ergriffen, um z. B. kurzfristige Kredite (Kontokorrentlinien) von den Finanzierungsinstituten zu erhalten. Um weitere Zugeständnisse von den Banken und Sparkassen zu bekommen, müssen in der Regel aussagefähige Unterlagen vorgelegt werden. Ein probates Mittel, die Banken von der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage des Unternehmens auszuschließen, sind falsche, nicht vorhandene oder erst später aktuelle Aufträge so zu gestalten, dass die Bank im Rahmen von Auftragsfinanzierungen tätig wird.

Dies sind Vortäuschungen falscher Tatsachen und betrügerische Delikte! Auf dem Höhepunkt der Krise ist den Unternehmern und Geschäftsführern in der Regel gar nicht mehr wirklich bewusst, dass sie sich gesetzeswidrig verhalten.


Sanierer müssen Qualität der Unterlagen prüfen!

Erfahrene Sanierer werden deshalb bei ihrer Prüfung auch sehr schnell feststellen müssen, ob und inwieweit die Bank/ Sparkasse mit echten Informationen, adäquaten Fakten und realistischen Zukunftsprognosen versorgt wurde. Ein beliebtes Mittel, Banken und Sparkassen zu beruhigen ist auch, eine nicht fertige bzw. unberichtigte Arbeitsbilanz vorzulegen.

Der eingesetzte Steuerberater tut gut daran, Arbeitsbilanzen als solche kopiersicher zu kennzeichnen, damit Unternehmer und Geschäftsführer diese Unterlagen nicht als vollwertig übergeben können.

Ein erfahrener Staatsanwalt wird immer vermuten, dass der Steuerberater, der eine qualitativ hochwertige Arbeitsbilanz übergeben hat, möglicherweise Beihilfe zum Betrug leistet! Das ist trotz der Nähe des Steuerberaters zum Mandanten immer zu bedenken!

Sanierer wissen, dass die Banken viele Rechte haben, um sich zu schützen bzw. im Krisenfall entsprechend zu positionieren. Es gilt daher, sofort mit den Banken und Sparkassen offen über die Problematik der Änderung der Vermögenslage und der daraufhin möglicherweise folgenden Kündigung nach Nr. 17 Banken-AGB bzw. analog § 18 KWG zu sprechen.


Insolvenzverschleppung durch Bankrottdelikte!

Auf die Insolvenzverschleppung und Bankrottdelikte gem. § 15 ff. InsO kann an dieser Stelle nicht ausführlich eingegangen werden. Gesagt sei so viel: Ist das Unternehmen mit den Mitteln einer außergerichtlichen Sanierung nicht mehr zu retten, muss bei augenscheinlicher Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Insolvenzantrag gestellt werden. Sonst müssen mit allen Gläubigern aus Lieferungen und Leistungen, den Berufsgläubigern und den Banken und Sparkassen entweder Erlasserklärungen oder aber schriftliche Stundungserklärungen bzw. Vollstreckungsaussetzungen vereinbart werden, um die Anmeldepflicht zu beseitigen.

Eine missglückte Sanierung zieht immer die genaue Prüfung des Insolvenzverwalters und ggf. der Staatsanwaltschaft nach sich. Die Beteiligten des Sanierungsteams müssen sich regelmäßig den Vorwurf seitens des Insolvenzverwalters und der Staatsanwaltschaft gefallen lassen, dass nur und ausschließlich zur Honorargenerierung „drauf los saniert“ wurde.

Auch deshalb ist von den Sanierern genau zu prüfen und möglichst zu dokumentieren, wie sich die Qualität der Unterlagen darstellt, das Unternehmen als solches wirkt und sich Geschäftsleitung und Mitarbeiter in der Krise verhalten.

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