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Haftet der Geschäftsführer eines Unternehmens, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter die Lastschrifteinzüge widerruft?

Gängige Praxis ist, dass der bestellte vorläufige Insolvenzverwalter sämtliche Einzugsermächtigungen widerruft, die bis zu 6 Wochen vorher noch dem Konto belastet wurden. Mittlerweile gibt es auch Urteile, die dem Verwalter erlauben, die Lastschriften sogar 6 Wochen nach dem letzten Rechnungsabschluss der Sparkassen und Banken zu widerrufen (Deshalb gehen Sparkassen und Banken auch immer öfter dazu über, die Rechnungsabschlüsse nicht mehr vierteljährlich, sondern monatlich zu erstellen).

So zieht der vorläufige Insolvenzverwalter auch sämtliche Lastschriften zurück, die vom Finanzamt für Lohnsteuer und Umsatzsteuer getätigt wurden. Hierbei stellt sich die Frage, ob dann der Geschäftsführer nicht für die dadurch entstehenden (neuen) Steuerschulden haftet. Ausgehend von einem bis zur Insolvenz ordnungsgemäßen Geschäftsverlauf, würde der Geschäftsführer einer Gesellschaft die Lohnsteuer ordnungsgemäß anmelden. In der Regel ist dem Finanzamt die Lastschrifteinzugsermächtigung erteilt und deshalb bucht das Finanzamt dann auch die angemeldeten Lohnsteuern ordnungsgemäß vom Konto des Steuerpflichtigen ab.

Wird nun durch den Geschäftsführer eines Unternehmens die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt, zieht der eingesetzte vorläufige Insolvenzverwalter sofort alle Lastschriften zurück, um die Masse des Unternehmens zu sichern.

Durch das Widerrufen aller bestehenden Einzugsermächtigungen bucht die Bank dann die vom Konto bezogenen Gelder zurück und muss dem Insolvenzverwalter die Gelder auf sein Insolvenzkonto überweisen.

Oft versuchen die Finanzämter dann den Geschäftsführer im Rahmen einer persönlichen Haftung zu belangen, denn von der insolventen Gesellschaft sind in der Regel keine weiteren Zahlungen mehr zu erwarten.

Die Finanzämter begründen ihre Vorgehen damit, dass der Geschäftsführer es pflichtwidrig unterlassen hätte auf den Insolvenzverwalter einzuwirken, die fälligen Lohnsteuerbeiträge zu bezahlt.

Der in der Regel vorläufige schwache Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt hat weder die Verpflichtung Umsatzsteuer und Lohnsteuer zu zahlen, noch sonstige Berufsgläubiger zu bedienen, da der Gesetzgeber hier mit Absicht dem Verwalter Freiheiten einräumen will, um die Masse zu mehren.

Das Finanzgericht Münster entschied teilweise gegen die Geschäftsführer eines in der Insolvenz befindlichen Unternehmens. Das Gericht war der Meinung, dass sofern kein allgemeines Verfügungsverbot angeordnet wurde, der Geschäftsführer nach wie vor trotz der Bestellung eines Insolvenzverwalters zur ordnungsgemäßen Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Gesellschaft verpflichtet wäre. Immerhin könne der Geschäftsführer weiterhin für die Gesellschaft handeln; eben eventuell nur unter Zustimmung des Verwalters.

Das ist in der Tat so, jedoch ist die Verfügungsgewalt über eingehende Gelder auf den Verwalter übergegangen, so dass der Geschäftsführer meist nicht über entsprechende Geldtransaktionsvollmachten verfügt.

Das Finanzamt Münster konnte daher in dem behandelten Fall nicht erkennen, dass die unterlassene Aufforderung des Geschäftsführers an den Insolvenzverwalter, die Lohnsteuer zu zahlen, die Ursache für den Steuerausfall gewesen ist.

Möglicherweise hätte der Insolvenzverwalter zwar der Zahlung der Lohnsteuer zugestimmt, doch hierzu wäre er nicht verpflichtet gewesen!

Das Gericht argumentierte, dass nicht mit Sicherheit festgestellt werden könne, dass der Geschäftsführer durch sein Unterlassen Verursacher des Schadens war. Auch habe der Geschäftsführer nicht schuldhaft gehandelt, denn er hätte unter Berücksichtigung der Rechte und Pflichten des Insolvenzverwalters nicht davon ausgehen können, dass dieser mit der Bezahlung der Lohnsteuer einverstanden sei (FG Münster vom 02.07.2009 – 10 K 1549/08 L).

Diese Entscheidung enthält aber keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz. Daher ist es sehr sinnvoll, dass sich Geschäftsführer nachweislich und schriftlich um Zahlungen an Berufsgläubiger im vorläufigen Verfahren - wenn ein vorläufiger schwacher Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt ist - sofort kümmern. Dabei sind die Nachweise des Bemühens, den Insolvenzverwalter zur Zahlung zu bewegen, bei den entsprechenden Gläubigern nachzuweisen. Denn nicht nur im Fall eines Lastschriftwiderrufes, sondern auch im normalen Fall der vorläufigen Insolvenz haftet theoretisch der Geschäftsführer für nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge und Steuern.

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