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Insolvenz sollte eigentlich nicht gleichzeitig Abwicklung bedeuten!

Viele Unternehmen könnten bei rechtzeitiger Beantragung eines Insolvenzverfahrens bestehen bleiben – aber nur wenige Insolvenzverwalter sind vorhanden, die auch immer den Weg der Sanierung des Unternehmens einschlagen, obwohl dieser Weg gegeben ist.


Deutschland hat viel zu wenig fähige Insolvenzverwalter

Ein Problem ist, dass Deutschland über zu wenig fähige Insolvenzverwalter verfügt, um eine plötzliche Pleitewelle vernünftig und ohne unnötige Arbeitsplatzverluste bewältigen zu können.

Auch haben nicht alle von den registrierten Verwaltern die nötige Erfahrung und den eigenen Mitarbeiterstab, um Insolvenzen ab einer bestimmten Größenordnung im Sinne der Wirtschaft zu bearbeiten.


Dank „Verwalterlisten“ bei Gericht hat sich nichts geändert

Zwar haben sich die „Listen“ der Insolvenzgerichte in den letzten Jahren geöffnet, jedoch ist die Listung an sich auch für ein gut aufgestelltes Büro eines Steuerberaters oder eines Wirtschaftsprüfers oder gar einer Unternehmensberatung mit einer vorstehenden fachkompetenten Person als Insolvenzverwalter kein Garant, auch bestellt zu werden.

Selbst Spezialisten, die seit Jahren im Bereich der Sanierung, Restrukturierung oder im Interimsmanagement zu Hause sind, haben trotz entsprechender Kompetenzen und Nachweise ihrer Befähigungen kaum Chancen gegen die etablierten und vermeintlich kompetenten Rechtsanwaltskanzleien, die schon immer (auch in der alten Konkursordnung) die Verfahren erhalten haben.


Nichtjuristen haben fast gar keine Chance, Verwalter zu werden

Unter dem Aspekt, dass die meisten Insolvenzrichter Rechtsanwälte als die besseren Insolvenzverwalter ansehen, haben Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und andere wirtschaftsnahe Fachleute, die in der Unternehmensführung und möglicherweise speziell in der Branche Erfahrungen haben, keine Chance.

Regelmäßig werden immer noch die alten Kanzleien mit Insolvenzverfahren bedacht, die schon in der alten Konkursordnung dieses Feld besetzt hielten. Allein Rechtsanwälte, die sich aus den alten Kanzleien verselbständigen, haben die Chance, durch den guten Draht zu den Rechtspflegern oder Richtern ein paar „Krümel“ von dem Kuchen zu erhalten.


Unternehmerisches Handeln ist gefragt

Das Problem, dass die meisten Insolvenzverwalter Juristen sind, ist schon seit langem bekannt. Ob die meisten Juristen ohne Erfahrung und nur durch die Lehrgänge zum „Fachanwalt für Insolvenzrecht“ entsprechend erfolgreich in einem wirtschaftlichen Umfeld sind, bleibt vielfach fraglich. Vielmehr ist unternehmerisches Handeln in einem rechtlichen Rahmen die Voraussetzung, um erfolgreich ein Unternehmen aus der Insolvenz zu restrukturieren. So muss der heutige Insolvenzverwalter in einem Verfahren als quasi Geschäftsführer den Geschäftsbetrieb branchenspezifisch leiten.


Angst vor persönlicher Haftung beschleunigt die Abwicklung

Der Gesetzgeber hat hier leider auch noch ein großes Manko bei der Umstellung der Konkursordnung zum Insolvenzrecht nicht abstellen können: die persönliche Haftung des Insolvenzverwalters nach Eröffnung des Verfahrens. Dies führt dazu, dass die Mehrzahl der juristischen Insolvenzverwalter aufgrund ihrer Haltung und ihrer nicht vorhandenen Erfahrung Geschäfte nicht persönlich fortführen, weil sie die Haftung aus Verlusten aus den von ihnen zu führenden Unternehmen fürchten.

Betriebswirtschaftliche Kompetenzen, Führung von Unternehmen oder das Analysieren von betriebswirtschaftlichen Auswertungen bzw. die Kenntnis über Bilanzen, sind weder in der Ausbildung (Jurastudium) und auch nur theoretisch in der Fortbildung zum Fachanwalt für Insolvenzrecht vorhanden.


Insolvenzverwalter braucht keine Kompetenzen nachweisen

Es gibt für die Fähigkeiten, ein Unternehmen zu lenken und zu leiten, als Insolvenzverwalter keinerlei Nachweispflicht. Die Insolvenzordnung schreibt lediglich vor, dass die „ausgewählte“ Person „unabhängig“ und „für den entsprechenden Einzelfall geeignet“ sein muss.

Es gibt weder eine Vorgabe, wie z. B. innerhalb bestimmter Branchen vorgegangen werden muss, noch Informationen, wie z. B. bei öffentlichen Aufträgen die Vergabeordnung funktioniert.


Richter bestimmen allein die Insolvenzverwalter

Auch haben die Unternehmer / Geschäftsführer kaum Chancen verlässlich auf die Auswahl des Insolvenzverwalters hinzuwirken. Dies obliegt allein den Richtern, die aufgrund von Erfahrungen aus der Vergangenheit, der langfristigen Beziehung und der vermeintlichen Kompetenz im Rahmen von abgearbeiteten Fällen die Insolvenzmandate vergeben. Würde sich eine Qualifizierung der Insolvenzverwalter auch hinsichtlich von Branchen und Arbeitsschwerpunkten durchsetzen, könnten sicher viel mehr Betriebe gerettet werden und damit auch die Arbeitsplätze gesichert bleiben.


„Schwache“ Verwalter geben den Ton an

Erfahrene Insolvenzverwalter werden in der Regel immer versuchen, bei den Insolvenzmandaten als vorläufiger „schwacher“ Insolvenzverwalter eingesetzt zu werden, damit sie hier der entsprechenden Haftung entgehen. Nur in ganz wenigen Fällen und bei großen Insolvenzverfahren werden die vorläufigen Insolvenzverwalter gleich zu so genannten starken Verwaltern mandatiert, d. h. sie rutschen sofort im vorläufigen Verfahren an die Stelle des Unternehmers oder Geschäftsführers und haften auch dann entsprechend dafür.


Übertragene Sanierung als Allheilmittel

Übliche Praxis ist es, bei unsicheren Insolvenzmandaten das Verfahren kurzzeitig zu eröffnen, um dann entweder schnell über eine auch nicht immer glückliche übertragene Sanierung (Anlagevermögen, Lagerbestände und Kundenbeziehungen gehen auf einen neuen Rechtsträger über) zu eröffnen, um dann sogleich mit dem operativen Geschäft nichts mehr zu tun zu haben.


Zerschlagung bringt mehr Honorar und weniger Haftung

Auch das aktuelle Vergütungssystem für Insolvenzverwalter unterstützt die einseitigen Zerschlagungsaktivitäten nach wie vor höher, als die Sanierung bzw. Restrukturierung. Es geht allein darum, so viel Masse wie möglich zu generieren. Dabei ist eine schnelle Zerschlagung unproblematisch und die Haftung wird entsprechend ausgeschlossen. Das Honorar bei der Weiterführung oder einem Verkauf des Unternehmens steht in keinem Verhältnis zu der möglichen Haftung im eröffneten Verfahren. Außerdem ist die Fortführung eines Unternehmens auch noch arbeits- und zeitintensiver und würde tatsächlich vorhandene Kompetenzen innerhalb einer Insolvenzkanzlei binden.

Nur wenige Insolvenzverwalter greifen deshalb auf Sanierungsspezialisten zurück, die bei Restrukturierung und Revitalisierung von Unternehmen Erfahrungen haben und zum Teil branchenspezifisch sehr erfolgreich sind.


„Schwarze Schafe“ unter den Verwaltern „verfrühstücken“ die Masse

Die Geschäftsführer / Inhaber wissen aus der Presse, von Erzählungen Anderer und über ihre Verbände, dass die Insolvenz in den meisten Fällen nicht nur den kompletten Verlust des Unternehmens ausmacht, sondern dass auch noch die „schwarzen Schafe“ unter den Insolvenzverwaltern mittels Anfechtungsrechten die Masse zur Deckung von Rechtsanwaltsgebühren für fragwürdige Prozesse verbrauchen.


Überlastete Kanzleien – schlechte Kommunikation – unfaire Praktiken

Es ist nicht mehr der schlechte Ruf oder der Imageverlust, den Unternehmer / Geschäftsführer fürchten, sondern die zum Teil harte und unfaire Art, wie die Verwalter mit den gescheiterten Unternehmern / Geschäftsführern umgehen, und auch die in vielen Fällen bekannt gewordene Art und Weise der nicht vorhandenen Kommunikation und dem Untergehen des Verfahrens im „Bermudadreieck“ des großen Verwaltungsbüros. Fehlende Kommunikation, das nicht vorhandene persönliche Erscheinen des Insolvenzverwalters und immer wieder neu vorgeschobene Sachbearbeiter oder überlastete Sachbearbeiter, die in ihrem eigenen Hause den Insolvenzverwalter nicht erreichen, verstärken den Ruf, dann lieber als Unternehmer / Geschäftsführer solange durchzuhalten und zu hoffen, bis die Insolvenz nicht mehr vermeidbar ist und sogar die persönliche Haftung durch Verschleppung droht.


Viele Insolvenzanträge kommen zu spät

Somit kommen viele Insolvenzanträge dann zu spät und regelmäßig auch nicht als Eigenanträge, sondern dann als Fremdanträge von Dritten und hier speziell von den Berufsgläubigern, wie Krankenversicherungen, Finanzamt oder der Berufsgenossenschaft.


Natürlich gibt es in der Insolvenz auch Alternativen für angeschlagene Unternehmen.

Würde theoretisch der Insolvenzantrag rechtzeitig erfolgen und der eingesetzte Insolvenzverwalter Hand in Hand mit der Geschäftsleitung und / oder dem Inhaber des Unternehmens arbeiten, könnten sicherlich 75% der mittelständischen Unternehmen im Kern erhalten werden.

Das ESUG zeigt nun bereits ansatzweise, dass Geschäftsführer ihr Unternehmen unter Obhut eines Sachwalters und mit Unterstützung von Sanierungsspezialisten durchhaus wieder in die richtige Spur bringen können.


Planverfahren machen Arbeit und stellen Anforderungen

Die vom Gesetzgeber in der Insolvenzordnung angebotenen Verfahrensweisen, wie Insolvenzplanverfahren oder Eigenverwaltungsverfahren mit oder ohne Planverfahren, wird von den meisten Verwaltern nicht präferiert, da auch da wieder sehr viel mehr Arbeit und ein hohes Haftungsrisiko auf die Damen und Herren der Zunft zukommt.

Erfolgreiche Beispiele der Restrukturierung durch Planverfahren (und der Rückgabe des dann sanierten Unternehmens an die Geschäftsleitung / Inhaber) gibt es schon, jedoch sind das in der Regel sehr große Verfahren, die dann natürlich auch presseträchtig von den ganz großen Kanzleien initiiert werden, wobei die Arbeit oft von externen Sanierungsspezialisten übernommen wird.

Die Anzahl der Planverfahren liegt zurzeit anteilsmäßig niedrig und wird tatsächlich nur bei größeren mittelständischen Unternehmen eingeleitet. Selbst ein vorab nach gesetzlichen und regulativen Vorgaben entwickelter Plan kann unter Umständen von dem Verwalter abschlägig begutachtet werden, wenn der Verwalter tatsächlich kein Interesse an einem solchen Verfahren hat.


Harte Sanierung manchmal besser als Insolvenzanmeldung

Erfahrene Restrukturierer empfehlen immer, noch vor dem Insolvenzantrag zu prüfen, ob und inwieweit nicht auch harte Sanierungsmaßnahmen, die natürlich auch Gläubiger, Mitarbeiter und den Unternehmer selber treffen können, besser sind, als ein Insolvenzverfahren zu beantragen, wo der Insolvenzverwalter ein Eigenleben entwickelt, was mitunter kontraproduktiv und der Sache nicht dienlich ist.


Das Anfechtungsrecht wird zur Gelddruckmaschine missbraucht

So sind oft viele Insolvenzverwalterkanzleien gezwungen, die Kosten aus den vielen masselosen Verfahren mit Anfechtungsprozessen zu kompensieren. Leider hat der Gesetzgeber auch hier eine vermeintlich gut gemeinte Gesetzesvorgabe so ausgeführt, dass der Insolvenzverwalter seine eigenen juristischen Kollegen innerhalb seiner Kanzlei regelmäßig mit Anfechtungsprozessen versorgt, die dann, ob erfolgreich oder erfolglos, nach RVG mit zum Teil höchsten Gebührensätzen der Masse belastet werden.

Auch diese Unart, die Gott sei Dank nicht von allen Verwaltern umgesetzt wird, lässt die Unternehmer / Geschäftsführer vor einem Insolvenzantrag zurückschrecken.

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