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Ablauf und Möglichkeiten eines Insolvenzplanverfahrens

Sanierungschancen nach Änderung der Insolvenzordnung zum 01.03.2013

Der Gesetzgeber hat zum 01.03.2013 das Regelinsolvenzverfahren um die § 270 a InsO (Eigenverwaltung) und § 270 b InsO (Schutzschirmverfahren) erweitert. In diesem Zusammenhang ist die Koppelung von Eigenverwaltung mit Einsatz eines Sonderbevollmächtigten der Geschäftsleitung und der Erstellung eines Insolvenzplans auch eine Maßnahme für kleinere Betriebe. Bereits Unternehmen mit ca. 20 – 50 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von ca. € 3 Millionen bis € 5 Millionen lässt sich mittlerweile auch in diesem Bereich das Gesetz bei einigen Vorbereitungen im Vorfeld entsprechend anwenden.


§ 270 a InsO (Eigenverwaltungs-)Verfahren nur mit Sonderbevollmächtigten der Geschäftsleitung

Klar dürfte sein, dass die Eigenverwaltung natürlich nicht von dem Unternehmen/der Unternehmerin selber umgesetzt werden kann, da die entsprechenden Kenntnisse und Erfahrungen hinsichtlich des Insolvenzrechts fehlen. Daher ist es notwendig, wenn von außen Spezialisten im Vorfeld schon im vorinsolvenzlichen Bereich eingebunden werden, damit ein entsprechendes § 270 a – Verfahren vorbereitet werden kann, wo dann ein entsprechender Gläubigerausschuss gebildet wird, der dann auch den Sachwalter (vom Gericht bestellter „Überwacher“) dazu vorschlägt. Regelmäßig werden der oder die Sonderbevollmächtigten der Geschäftsleitung dann die insolvenzspezifischen Dinge übernehmen, damit sich der Unternehmer bzw. die Unternehmerin sich weiter mit dem Tagesgeschäft auseinandersetzt. Bei entsprechender Vorbereitung bleibt das Recht auf Kassenführung bei dem insolventen Unternehmen und wahrscheinlich wird der Sachwalter dann nur von dem Unternehmer/der Unternehmerin und/oder dem Sonderbevollmächtigten der Geschäftsleitung verlangen, dass bestimmte Anschaffungen und/oder Transaktionen in einer bestimmten Geldhöhe kontrollpflichtig sind.


Eigenverwaltung und Insolvenzpläne brauchen Vorlaufzeit

Wenn klar ist, dass mit normalen Sanierungsmaßnahmen das Unternehmen nicht mehr zu retten ist und möglicherweise personalwirtschaftliche Maßnahmen, die Überprüfung von Dauerschuldverhältnissen und ähnliche Sanierungsmaßnahmen, die durch gesetzliche und regulative Vorgaben geregelt sind, ohne Insolvenzverfahren nicht umsetzbar sind, dann sollte sehr früh mit den Vorbereitungen des Insolvenzverfahrens begonnen werden. In der Regel reichen bei Unternehmen bis zu einer Größenordnung von ca. 50 Mitarbeitern und einem Umsatz von bis ca. € 5 Millionen ein drei Monate vorläufiges Insolvenzverfahren sowie drei bis vier Monate im laufenden Verfahren aus, um einen Insolvenzplan zu erstellen, der dann von den Gläubigern entsprechend akzeptiert wird und damit dann das Insolvenzverfahren aufzuheben.

Wichtig ist zu wissen, dass sich bei einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung nach § 270 a InsO in Verbindung mit einem Insolvenzplan am Ende die gesellschaftsrechtliche Struktur nicht ändert, außer es ist von den Schuldnern, den Gläubigern und/oder den Kunden anders gewollt. Also bleiben bei einem § 270 a InsO-Verfahren auch sämtliche Verträge, Zertifizierungen, Listungen und Verbindungen bestehen, außer es sprechen von Seiten des Schuldners/Sonderbevollmächtigten der Geschäftsleitung und/oder dem Sachwalter sachliche bzw. juristische Gründe dagegen.


Idee und Herkunft des Insolvenzplans

Innerhalb des Regelinsolvenzverfahrens regeln §§ 217 ff. der Insolvenzordnung, dass die Befriedigung der absonderungsberechtigten und der „normalen“ Insolvenzgläubiger, die Verwertung der Insolvenzmasse und die damit verbundene Verteilung und auch die Haftung des Schuldners - in einem Insolvenzplan - abweichend von den Vorschriften der Insolvenzordnung geregelt werden kann.

Der Gesetzgeber will mit dem Insolvenzplan in den Bereichen der Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse den Gläubigern, dem Schuldner und gerade auch dem Insolvenzverwalter die Möglichkeiten geben, abweichend von der sonst sehr starren gesetzlichen Regelung, eine einvernehmliche Lösung zur Bewältigung der Insolvenz zu finden.

Gerade auch bei Unternehmen, bei denen wenig Insolvenzmasse (zur Verteilung) zur Verfügung steht, das Unternehmen als solches aber einen wichtigen Zweck innerhalb der Wirtschaftskette darstellt und die Gläubiger auch für die Zukunft Chancen sehen, mit dem Unternehmen Geschäfte zu machen, ist der Insolvenzplan die bessere Alternative. Die Möglichkeiten, im Regelinsolvenzverfahren das Unternehmen zu liquidieren oder eine übertragene Sanierung durchzuführen, sind seit jeher gegeben. Jedoch hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass gerade Großgläubiger (Banken / Kreditversicherungen) andere Interessen verfolgten, als die kleineren Gläubiger und Lieferanten. Der Insolvenzplan sieht hier vor, dass die Interessen der Gläubiger in ihrer Gesamtheit (Mehrheitsprinzip) durchgesetzt werden sollen und nicht, wie in der Vergangenheit in den normalen Gläubigerversammlungen, einige wenige Gläubiger im Rahmen ihrer Forderungshöhe sich gegen die Kopfmehrheit durchsetzen konnten.

Die Regelung einer Sanierung über den Insolvenzplan ist nicht immer ein Mittel der Gläubigerselbstverwaltung. Speziell die Planvorlageberechtigung des Schuldners bereits bei Insolvenzantragstellung zeigt, dass das Insolvenzplanverfahren auch strategische Möglichkeiten bietet, die möglicherweise eher den Interessen des Schuldners dienen.

Das Insolvenzplanverfahren ähnelt sehr dem unter Chapter 11 des US-Amerikanischen Bankruptcy Code geregelten Reorganisationsverfahren.

Für europäische Verhältnisse ist es sehr schwierig, sich an dem US-Amerikanischen Recht zu orientieren, weil nach dem dortigen Verständnis, die in die Insolvenz geratenen Unternehmen als schutzwürdig gelten und somit unter den Schutz staatlicher Stellen fallen. Das Reorganisationsverfahren nach amerikanischem Recht ist damit eher ein Schuldnerschutzrecht, während das Insolvenzrecht in Deutschland mehr auf den Gläubigerschutz ausgerichtet ist.

Durch die Option, die Inhalte des § 217 InsO mit einem Insolvenzplan außen vor zu lassen, besteht die Möglichkeit, das Vermögen des Schuldners zu verwerten, den Erlös zu verteilen oder aber eben in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung zu treffen.

Das Planverfahren ist im eigentlichen Sinne nur ein Gerüst, das handwerklich rechtliche Möglichkeiten schafft, tatsächlich Unternehmen zu entschulden und an die Eigentümer zurückzugeben. In den ursprünglichen Regelinsolvenzverfahren wurde nicht daran gedacht, den oder die bisherigen Rechtsträger nach Entschuldung zu erhalten, sondern hier mussten immer die „landläufigen“ Auffanggesellschaften gegründet werden.


Die Einteilung des Insolvenzplanverfahrens

Man kann das Insolvenzplanverfahren grob in 4 Bereiche unterteilen: Die Planvorlage, die Vorprüfung durch das Gericht nach § 231 InsO, der Erörterungs- und Abstimmungstermin nach § 235 InsO und die Durchführung der Abstimmung.


Die Planinitiative

Der Schuldner ist im Rahmen des Planverfahrens vorlagebefugt (§ 218 I InsO), der Insolvenzverwalter ist es mit beratender Unterstützung des Gläubigerausschusses (§ 218 I, III InsO) und der Sachwalter bei der Eigenverwaltung (§ 283 I InsO). Ebenfalls kann der Insolvenzverwalter aus eigener Initiative oder aber im Auftrag der Gläubigerversammlung (§ 157 II, 218 II InsO) einen Insolvenzplan erarbeiten lassen bzw. dann vorlegen. Schwierig wird es dann, wenn der Insolvenzverwalter auch dann einen Plan im Auftrag der Gläubigerversammlung vorlegen soll, wenn er der Meinung ist, dass dieser Plan wirtschaftlich nicht sinnvoll und / oder für ihn nicht durchsetzbar erscheint oder er sogar seinen eigenen, abweichenden Plan zurückziehen muss. Hier ist nach wie vor problematisch, dass der Insolvenzplan als solches ein hohes Maß an betriebswirtschaftlicher Kompetenz benötigt und viele Insolvenzverwalter eben diese Kompetenz in ihren eigenen Reihen nicht unbedingt vorhalten. Im Weiteren ist das Insolvenzplanverfahren für den Insolvenzverwalter ebenfalls nicht so lukrativ, wie die einfache übertragene Sanierung bzw. Zerschlagung. Es muss immer darauf geachtet werden, dass bei Vorlage des Insolvenzplans mit den Gerichten gesprochen wird, damit Insolvenzverwalter ausgesucht werden, die Erfahrung mit der Umsetzung von Insolvenzplänen haben und diese auch im Sinne der Gläubiger und des Schuldners (Unternehmenserhalt als solches) umsetzen. Im Hinblick auf die Gläubigerautonomie und nach § 157 InsO ist davon auszugehen, dass der Insolvenzverwalter auch in diesem Fall den Insolvenzplan der Gläubiger vorzulegen hat. Ob er diesen Plan dann später auch mit der nötigen Konsequenz umsetzt, bzw. für die Verhandlungen im Rahmen der Gläubigergruppenbildung die nötige Konsequenz walten lässt, ist nicht immer gewährleistet.

Der Gesetzgeber vertritt die Auffassung, dass gerade die Erörterung und Abstimmung über verschiedene Pläne eine Möglichkeit bietet, eine sachgerechte Entscheidung sowohl für die Gläubiger als auch für den Schuldner zu treffen. Die Praxis zeigt, dass häufig der Kosten- und Zeitaufwand höher ist, als es letztendlich das Ergebnis rechtfertigt.

Ein eigenständiger Plan der Gläubiger kann im Vorfeld mit einfacher Summenmehrheit (§ 157 II InsO) zur Vorlage gebracht werden, während später über die Annahme des Insolvenzplans (§§ 235 ff. InsO) gruppenbezogen Kopf- und Summenmehrheiten entscheiden. Nach wie vor sind damit die Großgläubiger in einer besseren Ausgangsposition. Aus diesem Grund soll der Insolvenzverwalter als Sachverwalter die Möglichkeit haben, im Rahmen der Interessenvertretung aller Gläubiger auch einen eigenen Auftragsplan vorzulegen, der von dem vorab vorgelegten Plan abweichen kann.


Die gerichtliche Vorprüfung

Ist der Insolvenzplan entsprechend der Gliederung nach den §§ 219 ff. InsO und mit den nötigen Anlagen (§§ 229, 230 InsO) dem Gericht vorgelegt, so führt das Gericht zunächst eine Vorprüfung gemäß § 231 InsO durch.

Der Schwerpunkt der Vorprüfung ist, ob gemäß § 231 I Nr. 1 InsO Mängel in der Vorlage oder bei den Inhalten des Plans erkennbar sind. Der Plan kann beispielsweise dann schon zurückgewiesen werden, wenn die Vorlage die notwendige Gliederung nach §§ 220, 221 InsO nicht aufweist oder die notwendigen Plananlagen (§§ 229, 230 InsO) fehlen. Die Plananlagen haben in der Regel im Verfahren eine wesentliche Bedeutung, da hier die gesamten betriebswirtschaftlichen Analysen, die Fehlerursachen und auch die Vorschläge, wie das Unternehmen nachhaltig entschuldet werden kann, aufzunehmen sind.

Umstritten ist dabei z. B., ob eine Zurückweisung nach § 231 I Nr. 1 InsO auch dann erfolgen kann, wenn das Gericht eine fehlende Beteiligung des Gläubigerausschusses bzw. des Schuldners nach § 218 III InsO feststellt.

Sollte der Antrag direkt vom Schuldner kommen, so hat das Gericht im Rahmen der Vorprüfung nach § 231 I Nr. 2, 3 InsO auch zu prüfen, ob der vorgelegte Insolvenzplan denn überhaupt Aussicht auf Erfolg hat oder ob die Ansprüche in dem Plan offensichtlich nicht realisierbar bzw. erfüllbar sind.

Eine Zurückweisung der Planvorgabe in diesem Verfahrensstadium kann mit einer sofortigen Beschwerde nach § 231 III InsO erwidert werden. Kommt es nicht zu einer entsprechenden Zurückweisung der Planvorlage, wird das Verfahren entsprechend fortgeführt und der vorgelegte Plan zur Stellungnahme an die Verfahrensbeteiligten gemäß § 232 InsO übermittelt.


Planinhalte im Allgemeinen

1. Darstellender Teil

Der Insolvenzplan besteht nach § 219 InsO aus einem darstellenden und einem gestaltenden Teil. Im darstellenden Teil werden alle Beteiligten sowie das Insolvenzgericht darüber informiert, wie die Zielsetzung des Insolvenzplans erreicht werden kann. Das Gesetz gibt nach § 220 InsO hier nur einen Rahmen vor – die Inhalte, Strategien und Ziele müssen von den Verfahrensbeteiligten bzw. den Erstellern des Planes erarbeitet werden. Im darstellenden Teil des Insolvenzplans werden die Maßnahmen beschrieben, die noch erforderlich sind und getroffen werden müssen, um die Grundlagen für die geplante Gestaltung der Beteiligtenrechte zu schaffen. Darüber hinaus enthält der Plan alle sonstigen Angaben zu den Grundlagen und deren Auswirkungen, die für eine Entscheidung der Gläubiger über den Plan und für dessen gerichtliche Bestätigung nötig sind.

Deshalb wird der Inhalt des darstellenden Teils des Insolvenzplans maßgeblich davon bestimmt, welche grundsätzlichen Zielsetzungen mit dem Plan in betriebswirtschaftlicher und juristischer Weise erreicht werden soll. Abhängig davon, ob ein Liquidationsplan, ein Übertragungsplan oder ein Sanierungsplan vorgelegt wird, ist der darstellende Teil inhaltlich entsprechend zu gestalten. So ist es z. B. nicht nötig, dass die Ursachen der Insolvenz des Schuldners dargestellt werden, wenn ein Liquidationsplan erstellt wird. Dagegen ist im Rahmen eines Sanierungsplans eine Unternehmensanalyse vorzulegen, er sind die Ursachen und Auswirkungen der Unternehmenskrise zu erläutern und plausibel die Möglichkeiten und Maßnahmen einer Sanierung darzulegen. Allgemeine Erwägungen sind nicht ausreichend, um hier dem Plan Entscheidungscharakter zu geben, sondern dem Plan sind Bewertungen des jeweiligen Vermögens, Berechnungen der Ertragskraft, die Gewinn- und Verlustsituation sowie die strategischen Maßnahmen, die zur Gesundung eingesetzt werden, als Anlagen beizufügen.

Erst und nur dann verfügen die Gläubiger und auch das Gericht über die ausreichenden Informationen, um einschätzen zu können, ob die Auswirkungen des vorgelegten Insolvenzplans für sie günstiger sind als die Abwicklung nach dem Regelinsolvenzverfahren im Rahmen einer übertragenen Sanierung bzw. Liquidation.


2. Gestaltender Teil

Im gestaltenden Teil des Insolvenzplans wird konkret geregelt, wie die Rechtstellung der Beteiligten durch den Plan geändert werden muss. Da nach § 254 I InsO mit der Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans die im gestaltenden Teil festgelegten Regelungen für und gegen alle Beteiligten eintreten und nach § 257 InsO dann auch gegen den Schuldner vollstreckt werden kann, müssen die Erklärungen im gestaltenden Teil ausreichend bestimmt sein. Nach § 228 InsO können auch sachenrechtliche Verhältnisse im Insolvenzplan geregelt werden, wobei nach § 254 I Satz 2 InsO auch die erforderliche Form durch die Aufnahme in den Insolvenzplan gewahrt wird. Beschränkt ist aber der Regelungsinhalt des Plans nach § 217 InsO hinsichtlich der absonderungsberechtigten Gläubiger und der sog. „einfachen“ Insolvenzgläubiger.

Geregelt werden kann auch die Haftung des Schuldners nach Beendigung des Insolvenzverfahrens. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass der Schuldner und auch die Aussonderungsberechtigten materiell nicht als Beteiligte im Insolvenzplan gelten. Im Insolvenzplan können nicht zu Lasten der Aussonderungsberechtigten abweichende Regelungen vom Regelinsolvenzverfahren getroffen werden. § 230 I InsO sieht vor, dass für den Fall der Unternehmensfortführung durch den Schuldner, die Zustimmung des Schuldners bzw. der persönlich haftenden Gesellschafter dem Insolvenzplan beigefügt werden muss. Regelmäßig sind hier Gesellschafterbeschlüsse vorzulegen, dies auch schon mit der Abgabe des Insolvenzplans bei Gericht bzw. den zustimmungsberechtigten Gremien.

Eine Lastenregelung dieser Personen bzw. Gesellschaften ist im Insolvenzplan ohne deren Zustimmung nicht möglich.

Die konkreten Regelungen des gestaltenden Teils des Insolvenzplans stellen also die direkten Umsetzungen der im darstellenden Teil entwickelten Zielsetzungen dar.

Bei den Anlagen wird nach Strategie und Zielsetzung unterschieden. Dabei unterscheidet sich z. B. ein Vermögensstatus für einen Freiberufler (Vermögensbilanz nach Vorgaben § 18 KWG) von dem einer Kapitalgesellschaft (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Vermögenslisten und etwaigen sanierungsbezogenen Unterlagen). Auch mögliche Gutachten zum bewertenden Teil (Grundstücksbewertung nach Ertragswertverfahren und Vermögensbestimmung) und sonstige Anlagen (Zustimmungserklärungen, Verträge, Vorverträge und mögliche Absichtserklärungen) sind fallbezogen.


Das Abstimmungsverfahren im Insolvenzplan

§ 232 InsO bestimmt, dass nachdem der Insolvenzplan den Beteiligten zur Stellungnahme zugeleitet worden ist, nach § 235 InsO ein Erörterungs- und Abstimmungstermin durchgeführt werden muss, in dem der Insolvenzplan und das Stimmrecht der Gläubiger erörtert wird, um sodann über den Plan abschließend abzustimmen. Festzustellen ist zunächst nach § 237 I InsO das Stimmrecht der Gläubiger, das vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle in einer Stimmliste festgehalten wird (§ 239 InsO).


Die Gläubigergruppenbildung

Die Gläubigergruppenbildung ist ein wesentlicher Inhalt des gestaltenden Teils des Insolvenzplans. Die Gläubigergruppenbildung hat eine zentrale Bedeutung im Insolvenzplanverfahren. Gegensätzlich zur ursprünglichen Gläubigerversammlung, in der die Gläubiger einzeln abstimmen, wird im Insolvenzplan in so genannten Gläubigergruppen gebildet. Abweichend von der sonst in der Gläubigerversammlung zur Beschlussfassung notwendigen Summenmehrheit (§ 76 II InsO), wird hier über den Insolvenzplan in Gruppen abgestimmt (§ 243 InsO). Es ist also für ein Zustandekommen des Insolvenzplans nicht notwendig, dass die Summenmehrheit der zustimmenden Gläubiger erreicht wird.

Für absonderungsberechtigte Gläubiger ist eine gesonderte Gruppe zu bilden und es soll auch grundsätzlich eine gesonderte Gruppe für Arbeitnehmer (§ 218 InsO) gebildet werden.

Ein Insolvenzplan kann wesentlich mehr Gruppen beinhalten. Hier sind jedoch 2 Kriterien zu beachten: Das Planverfahren kann verschiedene Gläubiger unterschiedlicher Rechtsstellungen in unterschiedliche Gruppen einteilen. Soweit Gläubiger mit gleicher Rechtsstellung vorhanden sind, kann der Plan hier ebenfalls unterschiedliche Gruppen bilden, wenn verschiedene wirtschaftliche Interessen bestehen. Es obliegt den Entwicklern des Insolvenzplans, den unterschiedlichen Rechtsstellungen bzw. den unterschiedlichen wirtschaftlichen Interessen Genüge zu tun und hier ggf. eine entsprechende Abtrennung zu finden. Die Gruppenbildung muss sachgerecht erfolgen und die Kriterien der Abgrenzungen müssen auch im Plan angegeben werden (§ 222 II Satz 2, Satz 3 InsO).

U. a. sind Abgrenzungen auch dann zu treffen, wenn z. B. Gruppen von Gläubigern zusammengefasst werden, die einen rechtskräftigen Titel besitzen. Hier haben die verantwortlichen Planer konkret darzulegen, warum eine Abgrenzung dieser Gruppe erfolgt ist. Grundsätzlich werden die Planverfasser immer solche Gruppenbildungen vornehmen, die im Hinblick auf das gewünschte Abstimmungsergebnis von Bedeutung sind.

Für die Gläubiger ist es deshalb u.a. wichtig zu wissen, ob sie etwas gegen eine Gruppenbildung oder gegen eine Einteilung in eine bestimmte Gruppe unternehmen können. Diese Möglichkeiten haben sie im Rahmen des § 231 InsO. Das Gericht prüft den Inhalt des Plans unter dem Gesichtspunkt des § 231 I Nr. 1 InsO ab. So prüft es zunächst, ob die Pflichtgruppen nach § 222 I InsO gebildet wurden. Für die Gläubiger ist von besonderem Interesse, ob das Gericht auch Gruppenbildungen mit manipulativem Charakter (§ 222 II InsO) beanstanden kann, weil möglicherweise eine sachgerechte Abgrenzung nicht vorliegt. In der Praxis wird jedoch nicht selten den Erstellern des Insolvenzplans ein großer Gestaltungsspielraum eingeräumt, gerade dann, wenn das Gericht ebenfalls der Meinung ist, dass der Plan in sich schlüssig ist und die Sicherung von Arbeitsplätzen und der Erhalt des Unternehmens im Vordergrund steht.


Die endgültige Abstimmung über den Insolvenzplan

Die Abstimmung selbst wird in den §§ 243, 244 InsO geregelt. Danach stimmt jede Gruppe gesondert über die Inhalte des Insolvenzplans ab. Der Plan gilt dann als angenommen, wenn in jeder Gruppe die Mehrheit der Mitglieder für den Plan stimmt und die zustimmenden Gläubiger in den Gruppen mehr als die Hälfte der Summe der Forderungen aller abstimmenden Gläubiger in der Gruppe repräsentieren. Stimmen alle Gruppen entsprechend zu, ist der Plan angenommen und es bedarf der Zustimmung des Schuldners nach § 247 InsO sowie einer entsprechenden gerichtlichen Bestätigung nach § 248 InsO.

Sofern die Mehrheit der Gruppen den Plan ablehnt, ist der Insolvenzplan gescheitert (§ 245 I Nr. 3 InsO) und es wird in das so genannte Regelinsolvenzverfahren übergegangen.

Der Plan gilt in Ausnahmefällen als angenommen, wenn die fehlende Zustimmung der ablehnenden Gruppe nach § 245 InsO als unbeachtlich gilt. Was als unbeachtlich gilt und was nicht, ist schwierig zu beschreiben. Hier können neben juristischen und wirtschaftlichen Erwägungen auch - möglicherweise - persönliche Animositäten Einfluß auf die Abstimmung haben. Erfahrene Planentwickler wissen, dass hier das "Geheimnis" der Gruppenbildung verborgen liegt. So kann durch eine geschickte Gruppenbildung erreicht werden, dass etwa die aller Voraussicht nach ablehnenden Gläubiger in einer Gruppe zusammengefasst werden, um bei einer Mehrheit der zustimmenden Gruppe sodann den Plan über § 245 InsO zu verabschieden.


Abstimmungsergebnis des Insolvenzplans

Gruppe 1: Ein Gläubiger dafür

Gruppen 2 und 3: Zwei Gläubiger dafür

Stufe 1:

§ 245 I Nr. 2 InsO erfüllt

Stufe 2:

§ 244 I Nr. 2 InsO erfüllt

Ergebnis: Hier greift § 245 InsO, der Plan gilt in diesem Fall als angenommen.

Entscheidend ist hier nicht, dass 6 Gläubiger dagegen und 5 Gläubiger dafür sind. Dies ist in diesem Falle unerheblich. Entscheidend für das positive Abstimmungsergebnis sind nur die Mehrheiten in den Gruppen (§ 244 I Nr. 1 InsO). Auch dass von den Gesamtforderungen in Höhe von € 310.000,00 Summenanteile in Höhe von € 160.000,00 dafür und Summenanteile in Höhe von € 150.000,00 dagegen gestimmt haben, ist auch nicht entscheidend.

Entscheidend für das Abstimmungsergebnis und damit auch die positive Annahme des Insolvenzplans ist nur die Summenmehrheit in einer Gruppe (§ 244 Nr. 2 InsO).

Ergebnis: Der Plan ist dann angenommen, wenn § 245 InsO durchgreift und der Minderheitenschutz des innerhalb einer Gruppe überstimmten Gläubigers § 251 InsO nicht zum Tragen kommt.

Das hier geschilderte Beispiel zeigt ein weiteres Problemfeld auf: Hat sich beispielsweise in der Gruppe 3 ein Lieferantenpool (z. B. im Rahmen der Zusammenfassung einer Kreditversicherung), der aus 3 Lieferanten besteht, vertreten lassen und hat dieser Vertreter dort gegen den Plan gestimmt, so wäre dies letztendlich unbeachtlich gewesen, weil hier allein die Kopf- und Summenmehrheit in dieser Gruppe zählt. Wären die 3 Lieferanten jedoch separat aufgetreten und hätten gegen den Plan gestimmt, wäre die erforderliche Kopfmehrheit in dieser Gruppe nicht mehr vorhanden gewesen und der Plan wäre als solches insgesamt gescheitert.


Das Obstruktionsverbot

Eine wesentliche Bedeutung kommt im Rahmen der Abstimmung dem Obstruktionsverbot nach § 245 InsO zu. Das Obstruktionsverbot kann nur dann greifen, wenn nach § 245 I Nr. 3 InsO die Mehrheit der abstimmenden Gruppe dem Plan mit der erforderlichen Mehrheit zugestimmt hat. Ist die ablehnende Gruppe zahlenmäßig in der Minderheit, so kann nach § 245 InsO eine gerichtliche Entscheidung gegen diese Minderheit gesetzt werden. Stimmt die Mehrheit der Gläubiger gegen den Plan, ist der Insolvenzplan als solches gescheitert. Es ist dann auch nicht möglich, die ablehnende Mehrheitsentscheidung durch gerichtliche Zustimmung zu ersetzen.

Das Gericht hat auch nach § 245 I Nr. 1, Nr. 2 InsO zu prüfen, ob die Gläubiger der ablehnenden Gruppe durch den Insolvenzplan schlechter gestellt werden, als sie ohne einen Plan stünden und ob die Gläubiger der Gruppe auch angemessen an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt werden, der auf der Grundlage des Plans zu verteilen ist.

Der Planinitiator muss bereits bei der Gruppenbildung darauf achten, welche Gruppe möglicherweise den Insolvenzplan ablehnt und darüber hinaus im gestaltenden Teil des Plans berücksichtigen, dass der ablehnenden Gruppe keine geringere Quote zugesprochen werden kann, als einer anderen Gruppe, die ohne Plan gleichrangig zu befriedigen wäre. Hier ist anzumerken, dass den Arbeitnehmern die Weiterbeschäftigung und der Erhalt ihres Arbeitsplatzes möglicherweise wichtiger ist als eine entsprechende gleichrangige Quote. Der Planinitiator darf den Gläubigern im Plan nicht weniger zumuten oder weniger anbieten als anderen gleichrangigen Gläubigern, mit denen zuvor konkrete Absprachen getroffen wurden.


Die Bestätigung durch das Gericht

Haben die Gläubiger den Insolvenzplan angenommen und liegen die Zustimmungen nachrangiger Gläubiger bzw. des Schuldners vor, so entscheidet das Gericht gemäß § 248 InsO über die Bestätigung des Insolvenzplans. Das Gericht prüft von Amts wegen auch, ob Zustimmungen von Gläubigergruppen (§ 245 InsO) zu ersetzen sind. Das Gericht hat die Bestätigung dann zu versagen, wenn Verfahrensvorschriften in einem wesentlichen Punkt verletzt wurden und dieser Mangel nicht behoben werden kann (§ 250 InsO).


Schutz einzelner Gläubiger

Ebenfalls hat das Gericht nach § 251 InsO die Bestätigung des Plans zu versagen, wenn ein einzelner Gläubiger dem Plan bereits zum Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle widersprochen hat und er durch den Plan schlechter gestellt würde. § 251 InsO garantiert den Minderheitenschutz des einzelnen Gläubigers, während § 245 InsO die Gläubiger der ablehnenden Gruppen umfasst. Die Zustimmung des Gerichts zum Insolvenzplan bzw. die Ersetzung einer fehlenden Gruppenzustimmung ergeht kostenfrei. Die Ablehnung eines Gläubigers im Rahmen des Planverfahrens löst keine Kosten aus, die vom Gläubiger zu tragen sind. Das Gericht muss die Begründung des Gläubigers für dessen Ablehnung des Plans vor der Entscheidung über die Bestätigung des Plans gemäß § 248 InsO prüfen. Will ein Gläubiger gemäß § 253 InsO sofortige Beschwerde gegen den Gerichtsbeschluss einlegen, geht er ein Kostenrisiko ein, da er im Falle des Unterliegens die Verfahrenskosten zu tragen hat, wobei sich der Gegenstandswert aus dem geschätzten Gläubigerinteresse ergibt.

Der bestätigte Plan wird nach § 252 InsO bekanntgemacht und den Insolvenzgläubigern und den absonderungsberechtigten Gläubigern übersandt.


Die Wirkung des Planverfahrens

Ist der Insolvenzplan rechtskräftig, treten nach § 254 InsO die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen für und gegen alle Beteiligten ein. Beteiligte sind in diesem Fall Insolvenzgläubiger, die absonderungsberechtigten Gläubiger sowie der Schuldner, soweit dessen Haftung nach Beendigung des Verfahrens geregelt wird. Auch dritte Personen, die mit ihrer Zustimmung mit in den Insolvenzplan einbezogen wurden, gelten dann als Beteiligte im Sinne der §§ 254 ff. InsO. Wurde im gestaltenden Teil des Insolvenzplans etwa ein Verzicht, ein Teilerlass und / oder eine Stundung geregelt, so gilt diese Regelung gegenüber allen Forderungen, auch gegenüber denjenigen Forderungen, die nicht angemeldet wurden. Der Insolvenzplan wirkt nach § 254 I Satz 3 InsO nach, auch gegenüber Insolvenzgläubigern, die ihre Forderung nicht bzw. erst verspätet angemeldet haben.

Ein Verzicht bzw. Teilerlass in einem bestätigten Insolvenzplan bedeutet, dass der Schuldner mit der im gestaltenden Teil vorgesehenen Befriedigung des Insolvenzgläubigers von seinen restlichen Verbindlichkeiten gegenüber diesen Gläubigern nachhaltig befreit wird. Damit kann im Insolvenzplan auch eine Restschuldbefreiung für juristische Personen eintreten.

Probleme wird es geben, wenn der Schuldner mit der Begleichung der im Insolvenzplan vorgesehenen Forderung erheblich in Rückstand gerät. So wird die Stundung oder der Erlass dann nach § 255 InsO hinfällig. Termine und Fristen sind nach dem Insolvenzplan einzuhalten, ansonsten kann der Gläubiger auch nach § 257 III InsO in vollem Umfang gegen den Schuldner vollstrecken. Im Übrigen ist die Vollstreckung über § 257 I, II InsO geregelt. Nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans wird sogleich die Aufhebung des Insolvenzverfahrens beschlossen. Damit erlöschen auch die Ämter des Insolvenzverwalters und möglicher Mitglieder des Gläubigerausschusses. Der Schuldner bzw. die Geschäftsführer / Vorstände des Schuldners erhalten im Gegenzug ihr Recht zurück, über die Insolvenzmasse frei zu verfügen. Regelmäßig wird im gestaltenden Plan vorgesehen sein, dass eine Überwachung der Planerfüllung nach §§ 360 ff. InsO zu erfolgen hat. Für diesen Fall bleiben die Ämter des Verwalters und die Aufsicht bis zur Erfüllung der Überwachungsleistung bestehen.

Ferner kann der Insolvenzplan regeln, dass wesentliche Rechtsgeschäfte des Schuldners nur wirksam sind, wenn der bis dahin noch eingesetzte Insolvenzverwalter ihnen zustimmt. Ist eine Überwachung der Planerfüllung im gestaltenden Teil des Insolvenzplans festgelegt und nimmt der Schuldner noch ein Rechtsgeschäft ohne die erforderliche Zustimmung des Verwalters vor, so ist dieses nach §§ 81 I, 82 InsO unwirksam.


Insolvenzplan als echte Alternative

Gegenüber dem herkömmlichen Insolvenzverfahren, bei dem regelmäßig übertragene Sanierungen durchgeführt werden bzw. Betriebsschließungen und Zerschlagungen im Rahmen von Liquidationen üblich sind, hat das Insolvenzplanverfahren gerade aus Sicht des Unternehmers den Vorteil, dass er nach erfolgter Entschuldung „sein“ Unternehmen wieder zurückbekommt. Hat er mit der alten Konkursordnung immer einen Vollverlust erlitten, kann durch den Insolvenzplan ein im Kern gesundes Unternehmen erhalten werden und im Ergebnis weitergeführt werden.


[ 01.09.2016 ]

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