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Sanierungsgewinne können Sanierungen gefährden

Die Überschrift klingt widersprüchlich, ist aber grundsätzlich eine zu berücksichtigende Gefahr. Krisenbehaftete Unternehmen werden häufig in vorinsolvenzlichen Verfahren oder mit Hilfe eines Insolvenzplanes (auch) durch Erlass- oder –Vergleichsverfahren saniert. Diese führen zwangsläufig zu außerordentlichen Erträgen und werden in der Regel mit den meist vorliegenden Verlustvorträgen verrechnet. Allerdings ist es natürlich möglich, dass diese Verrechnung den außerordentlichen Ertrag nicht aufzehrt und der Ertrag bzw. daraus resultierende Gewinn zu einer oftmals hohen Steuerschuld führt.

Finanzverwaltung ignoriert Urteile

Die Finanzverwaltung hat nun durch eine Verfügung der Oberfinanzdirektion Niedersachsen vom 19.07.2013 (S 2140-8-St 248) erklärt, dass sie die vom Bundesfinanzhof vertretene Meinung, dass Steuern auf Sanierungsgewinne mangels gesetzlicher Grundlagen nicht erlassen oder gestundet werden dürfen, nicht teilt.

Die Finanzverwaltung werde (weiterhin) unter abzuwägenden Billigkeitsgründen Steuerstundungen oder sogar Steuererlasse gewähren. Dies ist grundsätzlich eine zu befürwortende Sicht der Dinge. Bis 1997 war diese Handhabung sowieso im Gesetz verankert.

Leider ist diese Verfügung der Finanzverwaltung aber mit Vorsicht zu genießen

Diese Verfügung ist kein (gesetzlicher) Anspruch! Bei jeder Sanierung, die dem betroffenen Unternehmen einen außerordentlichen Ertrag und ggf. einen Gewinn ausweist, muss ein Antrag auf Erlass oder Stundung der Steuern mit möglichst überzeugenden Billigkeitsgründen gestellt werden. Dies muss grundsätzlich schon vor einem Vergleichs- oder Erlassverfahren mit der Finanzbehörde abgestimmt und per Antrag fixiert werden. Schon in der Planungsphase und bei der Konzept- bzw. Insolvenzplanerstellung müssen diese potentiellen Steuerschulden – soweit absehbar – als Eventualverbindlichkeiten berücksichtigt werden, um einer Plausibilitätsprüfung stand zu halten.

Steuererlass liegt allein im Ermessen der Finanzbehörden

Wurde der Antrag mit entsprechenden Billigkeitsgründen versehen, liegt es also im Ermessen der Finanzbehörden, ob dem Antrag entsprochen wird. Durch die Verfügung der Finanzverwaltung kann keine Finanzbehörde in Anspruch genommen werden, geschweige denn dieser vermeintliche Anspruch vor den Finanzgerichten eingeklagt werden. Selbst wenn offensichtliche Billigkeitsgründe vorliegen und das Unternehmen ohne Erlass oder Stundung der Steuerschuld trotz erfolgreicher Sanierung wieder insolvenzantragspflichtig werden würde, liegt die Entscheidung im Ermessen der Entscheider der zuständigen Finanzbehörde. Zuständig für Beträge bis 20.000 EUR sind die örtlichen Finanzämter. Bei Beträgen bis 100.000 EUR wird die Zustimmung der Oberfinanzdirektionen benötigt, für noch höhere Beträge werden die obersten Finanzbehörden der Länder angesprochen. Ist keine Oberfinanzdirektion eingerichtet, ist bei Überschreiten der für die Vorlage an die Oberfinanzdirektion maßgeblichen Grenzen die Zustimmung der obersten Landesfinanzbehörde einzuholen.

Praxis und Ausblick

In der Praxis bedeutet diese Situation, Anträge vollständig, korrekt und möglichst sachlich im Vorfeld zu stellen, die Billigkeitsgründe aufzuzeigen und ggf. in einem persönlichen Gespräch mit den Entscheidern die Situation des zu sanierenden Unternehmens darzustellen. Diese Aufgaben sollten von den Sanierungsberatern in Zusammenarbeit mit dem Steuerberater übernommen werden. Nicht nur, dass die entsprechenden Zahlenwerke und Planungen erklärt werden müssen; (Steuer)Berater sind im Vergleich zur Geschäftsführung schlicht und einfach besser in der Lage, die Situation sachlich und nüchtern zu bewerten und mit ihr umzugehen.

Druck auf die Entscheider der Finanzbehörden ist an dieser Stelle nicht nur unsinnig sondern aus benannten Gründen auch sehr gefährlich.

[ 01.11.2015 ]



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