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Ist das SEPA-Lastschriftverfahren wirklich insolvenzfest?

Das SEPA-Lastschriftverfahren bringt einige Neuerungen für den Zahlungsverkehr. Besonders interessant scheint dabei das Widerspruchesrecht des vorläufigen Insolvenzverwalters. Es ist zu beobachten, dass nach der BGH-Entscheidung Aktenzeichen XI ZR 236/07 vom 20.10.2010 das SEPA-Lastschriftverfahren in vielen Beiträgen als „insolvenzfest“ gilt. Dies ist aber unbedingt differenziert zu betrachten:

Eigentlich nur Schutz der Banken

Geschützt wird dadurch prinzipiell nämlich nur die Bank des insolventen Schuldners in Ihrer Funktion als Ausführungsbeauftragter des Zahlungsverkehrs. Die Bank ist nach der benannten Entscheidung nun nicht mehr verpflichtet, bereits vom Konto des Schuldners abgebuchte Überweisungen an den vorläufigen Insolvenzverwalter auszukehren. Der BGH schließt in seinem Urteil aber nicht aus, dass der bestellte Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren die Rückzahlung des abgebuchten Betrages gem. §§ 129 ff. InsO direkt vom Zahlungsempfänger (gem. der gesetzlichen Voraussetzungen) verlangen kann!

Dieser Schutz der Banken ist nicht weiter überraschend, denn waren es auch oft die Banken, die unter dem bisherigen Widerspruchsrecht zu leiden hatten. Denn war die Frist der Rückgabe bereits abgelaufen, mussten die Banken häufig den mühsamen Weg über die Vorschriften bzgl. ungerechtfertigter Bereicherung gehen. Dies ist für die weiteren Ausführungen allerdings irrelevant.

Die bisherige Praxis der Verwalter bei Lastschriften

Bislang konnte der vorläufige Insolvenzverwalter also quasi per Mausklick oder mit einem Schreiben die Bank des Schuldners veranlassen, sämtliche Zahlungen innerhalb der gesetzlichen Frist durch Widerspruch (auch ohne sachliche Berechtigung) zurückzubuchen; diese Rückbuchungen vereinnahmte dann der vorläufige Insolvenzverwalter zur Insolvenzmasse und die eigentlich bereits beglichenen Forderungen lebten wieder auf, allerdings lediglich in Form von Insolvenzforderungen, die meist nur quotal befriedigt werden.

Erhöhte Anforderungen der Anfechtung an den Verwalter

Mit der benannten Entscheidung müsste der dann bestellte Insolvenzverwalter also nun jeden Zahlungsempfänger einzeln per Anfechtung gem. §§ 129 ff. InsO auffordern, die geleistete Zahlung an das insolvente Unternehmen zurückzugeben. Dies werden viele Zahlungsempfänger vermutlich zunächst nicht tun, womöglich die Aufforderung komplett ignorieren oder sogar in Form eines Rechtsstreites klären wollen. Die praktischen Folgen hängen dann wohl von Forderungshöhe und der „Streitlust“ des jeweiligen Insolvenzverwalters (und auch der Gläubiger) ab.

Somit ist das SEPA-Lastschriftverfahren eben nicht insolvenzsicher!

Es ist also eher eine Änderung bzw. Einschränkung des Ablaufes, der gerne als „insolvenzsicher“ betitelt wird. Der Aufwand des Insolvenzverwalters steigt und dies könnte natürlich in dem einen oder anderen Fall tatsächlich auch dazu führen, dass der bestellte Insolvenzverwalter aufgrund der Forderungshöhe und sonstigen Besonderheiten von einer Anfechtung absieht.

Generelle Anfechtungsmöglichkeit bzw. Anfechtungsgefahr bleibt

Eine Lastschrift per SEPA ist also nicht insolvenzsicher, aber zumindest sicherer. Gläubiger werden sich zukünftig nicht mehr wundern müssen, dass Zahlungen ohne vorherige Ankündigung zurückgebucht wurden. Allerdings ist eine Insolvenzanfechtung des bestellten Insolvenzverwalters grundsätzlich immer noch eine Gefahr des Geschäftsbetriebes.


[ 01.06.2015 ]



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