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Die Apotheke in der Krise - Sanierung oder Insolvenz?

Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage bei Apotheken durch Gesundheitsreform

Auch die Apotheken stehen vor großen Problemen mit der Durchsetzung der Gesundheitsreform. Seit etwa 10 Jahren verringert sich die Zahl der ursprünglich inhabergeführten Apotheken kontinuierlich, da der Druck nicht mehr nur Medikamente im Rahmen von Gesundheitsvorsorge bzw. Gesundung zu vergeben, sondern auch als Einzelhändler tätig zu sein, für viele Apotheker zu groß ist. Die stagnierenden Gesundheitsausgaben machen den Apotheken nachweislich zu schaffen. So auch die entsprechenden Vorgaben, nur noch sehr preisintensive Arzneimittel nach Arztrezepten zu vergeben.

War früher die freiberufliche Stellung eines Apothekers noch eine “Bank”, beginnt nun schleichend die Krise und wird in der Regel wegen kaum vorhandenem Controlling erst spät - oft zu spät - erkannt. Gegen eine konsequente, auf Gewinn durch “OTC”-Produkte getrimmte Verkaufsstrategie der großen Ketten, sieht sich der Apotheker an der Ecke noch als Freiberufler, der “automatisch” seine Kosten deckt und sein Geld verdient. Die betriebswirtschaftliche Verschlechterung der Apotheke beginnt ohne größere Anzeichen. Im Rahmen einer “Lebenssymbiose” sitzen Apotheken und verschiedene Ärzte in der Regel räumlich sehr eng zusammen. Aus Kostengründen bzw. aus Altersgründen oder aufgrund von Zusammenschlüssen fällt auf einmal ein Arzt weg; die Regelumsätze der Apotheke fangen langsam an zu schwinden!

Die Apotheke hat mehr oder weniger anhaltende Verluste, eine bis dahin nicht auf Produktgruppenergebnisrechnung geführte Buchhaltung, kein Konzept, um den “Rezepteumsatz” zu kompensieren und möglicherweise eine zunehmende Belastung durch feste Kosten. Ähnlich wie bei den Ärzten, kann die Krise in einer Apotheke in unterschiedliche Phasen aufgeteilt werden:

1. Phase:

Umsatz- und Ertragssituation sind bezogen auf die unterschiedlichen Produktgruppen und Abrechnungsmodalitäten in einem Rahmen, der am Jahresende noch einen Gewinn ausweist. Betriebswirtschaftlich zeigt die Apotheke zwar eine negative Tendenz hinsichtlich der verschreibungspflichtigen Medikamente, aber noch ist ein ordentliches Verhältnis innerhalb der Abrechnungen zu sehen und die Liquidität ist ausreichend, um den laufenden Geschäftsbetrieb der Apotheke zu befriedigen. Der Apotheker entnimmt einen bestimmten Betrag für seinen Lebensunterhalt vorab, wobei er für private Investitionen (Haus u. a.) die Höhe (ggf. mit seinem Steuerberater) definiert hat. Die Privatentnahme ist noch in einem Bereich, der sich mit dem betriebswirtschaftlichen Ergebnis verträgt. Bezogen auf das Umsatz-/ Ertragsverhältnis pro Quartal betrachtet, hat die Apotheke bezogen auf die Produktgruppen bzw. Abrechnungsbereiche ansatzweise Wachstum zu verzeichnen oder die Umsätze und Erträge sind auf gleichbleibendem Niveau.

2. Phase:

Bei Kontrolle der betriebswirtschaftlichen Auswertungen werden die geschäftlichen Aufwände nach wie vor ohne Schwierigkeiten beglichen und die Privatentnahmen erfolgen in gleicher Höhe. Die Liquidität scheint noch ausreichend zu sein, jedoch werden das ein oder andere Mal die “OTC”-Lieferanten nicht in der ersten Kondition bedient. Der Gesamtumsatz (ohne Blick auf die unterschiedlichen Produkt- und Abrechnungsgruppen) ist rückläufig.

3. Phase:

Eine Liquiditätslücke entsteht, die zwar die Existenz der Apotheke noch nicht bedroht, jedoch bei gleichbleibenden negativen Erträgen, zukünftig Probleme machen wird. Gleichbleibende bzw. steigende Kosten stehen kontinuierlich sinkenden Umsätzen im Bereich der Rezeptabrechnung gegenüber, die aber nicht wahrgenommen bzw. mit anderen Umsätzen kompensiert werden. Der steuerliche Berater warnt seit längerem davor, dass Strategien entwickelt werden müssen, um die durch die Gesundheitsreform zurückgehenden Medikamentenumsätze mit anderen Produkten und Dienstleistungen aufzufangen. Bei einer Kundenumfrage stellt sich nebenbei noch heraus, dass die jüngeren Kunden vornehmlich Medikamente über das Internet bestellen und damit auch zum Rückgang der Umsätze beitragen. Der Pharmareferent hat schon mehrfach angeboten, einen betriebswirtschaftlichen Berater zur Verfügung zu stellen, um über neue Strategien die Verluste bzw. Liquiditätslücke zu decken. Der Apotheker glaubt an Besserung durch die saisonalen Schwankungen der Krankheiten (“Frühjahrs- bzw. Herbstgrippe”) und ändert damit den Geschäftsablauf nicht.

4. Phase:

Die Liquiditätssituation ist mittlerweile existenzbedrohend. Bankabbuchungen zur Deckungen der Lieferanten in der ersten Kondition sind nicht mehr möglich und das Limit ist weit über die Grenze der vertraglich vereinbarten Höhe ausgenutzt. Dazu kommen die Informationen des Pharmagroßhandels, nun aktiv mit in das Geschäft eingreifen zu wollen, um den Standort bzw. Verkaufskunden “Apotheke” zu halten. Die äußeren Bedingungen haben sich zu Ungunsten der Apotheke entwickelt und die Umsatzentwicklung ist weiterhin stark rückläufig. Erschwerend kommt hinzu, dass die Apotheke zum Teil nicht mehr lieferfähig ist und die Kunden daher einen Mitbewerber aufsuchen, der die benötigten Präparate sofort anbieten kann. Es werden keine wirtschaftlichen Maßnahmen ergriffen, um die stagnierende Situation zu kompensieren bzw. durch Kostenreduzierung zu verbessern. Durch Hereingabe von privaten Sicherheiten wird der Kontokorrent um die bisher schon geduldete Inanspruchnahme erhöht bzw. ein Teil des Kredits langfristig umfinanziert, um die benötigte Liquidität zu erhalten.

5. Phase:

Die Zeit, um wirtschaftlich und strategisch Änderungen herbeizuführen ist nicht mehr vorhanden. Handlungsspielraum zur Durchsetzung von neuen gewinnbringenden Strategien ist nicht mehr existent. Die Liquidität wird nur durch “erzwungene Zahlungsziele”, nicht pünktlicher Begleichung von Sozialversicherungen und Finanzamt und der ratierlichen Zahlung der Löhne geschaffen. Neben den “erzwungenen Stundungen” versucht nun der Apotheker bzw. ein zu spät eingeschalteter Berater, die Verfahrensbeteiligten um weitere Stundung bzw. Kreditierung zu bitten. Die Apotheke überlebt zu diesem Zeitpunkt nur noch dadurch, dass sie ihren “Mangel” erfolgreich verwaltet. Verluste lassen das gesamte Konstrukt Apotheke/ Bildung von Privatvermögen auseinanderbrechen. Zinszahlung und Tilgungsleistungen für bereits vorher umgeschuldete Darlehen, Sonderzahlungen auf Liquiditätshilfen durch den Pharmagroßhändler und Sonderbelastungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld der Belegschaft können immer weniger bedient werden. Weitere geduldete Inanspruchnahmen bei den Banken und Sparkassen sowie Konditionsverschiebung mit Strafzinsen bei den Pharmagroßhändlern tragen das Übrige dazu bei, dass die Liquidität kaum noch oder gar nicht mehr vorhanden ist.

6. Phase:

Der Pharmagroßhandel liefert nur noch gegen Vorkasse. Die Kreditlinien sind jetzt über die vertraglich vereinbarte Linie in Anspruch genommen und auch die mündlich mit der Bank ausgehandelte Inanspruchnahme ist weitgehend ausgeschöpft. Von Dritten wird keine Liquidität und Unterstützung mehr zur Verfügung gestellt und mögliche weitere Gläubiger (Leasinggesellschaften für Kassensysteme und Mobiliar) drohen mit Kreditkündigung bzw. Rücknahme ihres Sicherungsgutes. Der Apotheker verliert seinen letzten vorhandenen Entscheidungsspielraum und droht zwischen den Vollstreckungs- bzw. Rücknahmebemühungen seiner Gläubiger “zerrieben” zu werden. Der Pharmagroßhandel hat bereits neben der laufenden Inventur Mitarbeiter gesandt, die die Bestände nach Beschaffenheit, Chargennummer und Wiederverkaufbarkeit eingeschätzt haben. Natürlich werden die zurückgegebenen Warenpartien nicht zum vollen Preis gutgeschrieben, so dass dort auch noch einmal operativ Verluste entstehen und die Liquidität durch die Rückforderung weiter belastet wird.

Die großen Pharmahandelsunternehmen und die Produzenten selbst sind aufgrund der schlechten Erfahrungen der letzten Jahre im Bereich des Apothekengeschäfts sehr schnell damit, ihr Rückgriffsrecht (Sicherungsübereignung) durchzusetzen. In der Branche ist es üblich, dass die gesamte Betriebs- und Geschäftsausstattung nebst Anlagevermögen ebenfalls über Kredite der Pharmagroßhandelsunternehmen bzw. Pharmaproduzenten mit finanziert wird. Vorher schon getroffene Verzichtserklärungen der Vermieter im Rahmen von Vermieterpfandrecht und Raumsicherung lassen die Sicherungsgläubiger sehr schnell handeln, um ihre Ansprüche durch Rücknahme bzw. Verbringung augenscheinlich zu befriedigen.

Deshalb ist es zwingend notwendig, dass bei einer angestrebten Sanierung aus der Insolvenz heraus, der Insolvenzantrag sehr zeitig gestellt wird, damit durch den vorläufigen Verwalter der Fortbestand des Betriebes mit allem Anlage- und Umlaufvermögen möglich ist. Der Insolvenzverwalter hat das Recht, dass was er im Rahmen der Insolvenz in seinem Besitz hat, erst einmal zur Betriebsfortführung zu nutzen.

Notverkauf soll Apotheke vor Insolvenz bewahren

Viele Pharmagroßhandels- bzw. Produktionsunternehmen haben eine lange Liste von Apothekerinnen und Apothekern, die gerne einen Apothekenstandort “lebend” übernehmen wollen. Auf der Höhe der Krise wird dann von den Beratern der Pharmaanbieter der Vorschlag unterbreitet, dass gegen eine noch zu verhandelnde Summe die Apotheke inklusive des gesamten Anlage- und Umlaufvermögens an einen neuen Apotheker veräußert wird. Dieser Schritt muß wohl überlegt sein, da hier nicht selten ein großer Teil der Verbindlichkeiten gegenüber den Pharmaanbietern sowie den Banken und anderen Gläubigern übrig bleibt und dadurch dem Apotheker nicht wirklich geholfen ist. In einer solchen Phase ist es zwingend notwendig, dass sich der Apotheker fachkompetente betriebswirtschaftliche und juristische Hilfe sucht.

Wege aus der Krise

1. Außergerichtliche Sanierung


Die außergerichtliche Sanierung ist der Versuch, ein Insolvenzverfahren zu vermeiden. Der Apotheker behält einen Teil seiner Handlungsfreiheit, der Ruf des “untadeligen” Unternehmers bei der Kundschaft bleibt erhalten und die Verfahrensbeteiligten können ohne “staatliche Einmischung” das Unternehmen möglicherweise gesunden. Die Sanierungschancen bei vorzeitiger Krisenerkennung sind dabei deutlich höher. Wichtig hierbei ist jedoch, dass nur ernsthafte und nachhaltige Sanierungsschritte helfen können, eine sich abzeichnende Insolvenz abzuwenden. Spezialisten aus den Bereichen Sanierung und Insolvenz sind gefordert. Gemeinsam mit dem steuerlichen Berater, dem Apotheker und den Lieferanten soll dann ein Weg aus der Krise gefunden werden.

Die Schwierigkeiten bei den Apothekern ab einem bestimmten Alter sind, dass Änderungen hin zum “Einzelhandel” gegen die bisherigen Grundsätze und Einstellungen sprechen und daher schwer zu vollziehen sind. Ausgehend von der gesetzlichen Vorgabe, die medikamentöse Grundversorgung der Menschen in Deutschland zu gewährleisten, war ein Denken in klassischer Weise im Rahmen von “Umsatz und Gewinn” nicht vorhanden. Marketing und Absatzstrategien, Kundenbindungsstrategien und entsprechende Überlegungen, Produktgruppen mit guten Deckungsbeiträgen zu stärken, waren kaum oder gar nicht vorhanden und wenn nur durch Unterstützung der einzelnen Lieferanten bzw. der Pharmagroßhändler möglich.

Ist die “Einsicht” des Apothekers nicht erkennbar und können keine nachhaltigen zukunftsbezogenen Sanierungserfolge prognostiziert bzw. erzielt werden, können sich für den Schuldner sowie für seine Berater Schadenersatzpflichten ergeben, die im Rahmen der Anfechtung durch den Insolvenzverwalter gestellt werden können. Daneben bleibt der Anspruch auf Schadenersatz auf zivilrechtlichem Wege durch die Gläubiger ebenfalls bestehen. Die Senkung der Fixkosten im Rahmen einer allgemeinen Kostensenkung ist der erste Schritt einer außergerichtlichen Sanierung. Bei den Apotheken ist der Bereich der Dauerschuldverhältnisse (überhöhte Miete an guten Standorten), die Reduzierung der Energiekosten, die Prüfung der Leasingverträge und die Optimierung der Lieferverträge im Rahmen von erweiterten Werbekostenzuschüssen zu prüfen bzw. anzugleichen. Auch der Bereich “Versicherung und Service” ist auf Kostenreduzierung und Mindestanforderung hin zu prüfen und zu optimieren. Die Lohn- und Gehaltsstrukturen müssen ebenfalls auf den Prüfstand und die Zahl der Mitarbeiter muss den verbleibenden Umsätzen und Erträgen angepaßt werden. Eine Verkleinerung der Mitarbeiterzahl bei laufender Sanierung ist besser, als die gesamte Apotheke mit allen Mitarbeitern der Insolvenzgefahr preiszugeben.

Bei der Prüfung der Umsatz- und Ertragsmöglichkeiten ist auch darauf zu achten, ob die Abrechnungen der Rezepte zeitnah und auch in der rechnerisch richtigen Höhe gestellt und abgewickelt werden. Daneben ist ebenfalls zu prüfen, ob nicht kriminelle Handlungen (möglicherweise auch der Angestellten) dazu geführt haben, dass Verluste entstanden bzw. Liquidität abgeflossen ist. Mit den Pharmaanbietern und den weiteren Lieferanten im Rahmen von OTC (Over the counter) ist eine Deckungsbeitragsprüfung mit Werbekostenzuschuss und rückläufigen Konditionen zu prüfen. Kompensierte Marketingmaßnahmen, wie Huckepack-Marketing durch Werbegemeinschaften und Aktionstage “gesponsert” durch Hersteller und Großhandel sind ebenfalls zu prüfen und strategisch in einen Aktionskalender einzubinden.

Ziel ist es, eine planerisch nachhaltige Gewinn- und Ertragssituation zu erhalten, die es dem Apotheker erlaubt, im Rahmen der Sanierung weiterhin einen angemessenen Lebensstandard zu wahren. Gewöhnlich sind Abstriche bei der Lebenshaltung im Privatbereich zu machen, da sonst die Gewinnsituation (und dazu zählen auch Steuerrückstellungen bzw. Steuervorauszahlungen) nicht ausreicht, um den privaten Lebensstandard zu bedienen.

Im Rahmen einer klassischen Entschuldung ist die Prüfung auf eine externe Sanierung nötig. Sind keine Liquiditätsreserven mehr vorhanden und kann die zukünftige Liquidität nur für das laufende Geschäft genutzt werden, ist über eine vergleichsweise Einigung mit den Gläubigern zur Reduzierung der Verbindlichkeiten zu verhandeln. Auch bei strittigen Forderungen kommt dies zwangsläufig in Betracht.

Die Gläubiger werden nur oder teilweise auf ihre Forderungen verzichten, wenn sie den Nachweis erhalten, dass im Rahmen der neuen strategischen Ausrichtung die künftige geschäftliche Beziehung zu der Apotheke wieder in normalen Bahnen verläuft und damit die Geschäftsabläufe in der Zukunft gesichert sind. Möglicherweise wird der Pharmagroßhandel bzw. der Lieferant einen Verzicht nur dann akzeptieren, wenn im Rahmen der Vorlage der Bilanzen der nächsten drei Jahre eine Besserung bezogen auf den Gewinn der Apotheke so verbrieft ist, dass darüber eine weitere Schuldzahlung getilgt wird (Schuldverzicht mit Besserungsschein). In der Regel fordern die Gläubiger dann eine langfristige betriebswirtschaftliche und juristische Begleitung, damit die in der Vergangenheit gemachten Fehler durch den Apotheker nicht wiederholt werden! Diese “Kröte” muß der Apotheker schlucken, damit eine zweite geschäftliche Chance eingeräumt wird.

Neben den betriebswirtschaftlichen und juristischen Betrachtungen ist auch die steuerliche Situation von einem außenstehenden und fachkompetenten Steuerberater zu prüfen. Ein außergerichtlicher Vergleich stellt steuerlich einen außerordentlichen Ertrag dar, der grundsätzlich zu versteuern ist. Schon in der Phase der Erstellung des Sanierungskonzeptes muß also festgestellt werden, welcher Sanierungsgewinn bei Abschluß der Vereinbarung auf den Apotheker zukommt, und ob hier noch etwaige Verlustvorträge zur Verfügung stehen, um die Forderung des Finanzamtes zu kompensieren. Sollten keine Verlustvorträge vorliegen, ist im Rahmen des Sanierungskonzeptes auch das Finanzamt entsprechend zu informieren, um hier über die nötigen Maßnahmen zum Forderungsverzicht aus Steuerforderungen bei außerordentlichen Erträge zu verhandeln.

2. Sanierung durch Insolvenz


Eine versuchte, aber gescheiterte außergerichtliche Sanierung ist nicht das Ende der Apotheke. Auch eine Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens bietet sich möglicherweise an. Leider ist das wirtschaftliche Scheitern eines Unternehmers (Freiberuflers) in unserem Lande bei dem größten Teil der Bevölkerung immer noch eine “Schande”. Deshalb versuchen viele Freiberufler still zu liquidieren und die Verbindlichkeiten privat zu übernehmen bzw. in der Familie Unterstützung und Bürgen zu finden, damit letztendlich die Schulden bezahlt werden können. Es bleibt zu prüfen, ob die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Apotheke nicht auch mit dem Umfeld und den regulativen Voraussetzungen zu tun haben. Leider sehen das viele Gläubiger anders. Sie sind oft der Meinung, dass das wirtschaftliche Scheitern des Apothekers nur mit fehlender kaufmännischer Kompetenz einhergeht.

Solange die Apotheke am Markt ist und der Kundenstamm halbwegs stabil gehalten werden kann, ist eine Sanierung in der Insolvenz nicht von vornherein aussichtslos. Die laufenden Umsätze im Rahmen eines Fortführungskonzeptes sind das einzige noch verbliebene und einsetzbare Kapital, das dem Insolvenzverwalter zur Verfügung steht. Die Schließung der Apotheke wird sofort dazu führen, dass die Ärzte den Patienten eine neue Apotheke nennen, wo sie die dringend benötigten Medikamente erhalten. Auch wird der Apotheker im Rahmen seiner gesamtschuldnerischen Haftung bei nicht mehr vorhandenem Vermögen die Verbraucherinsolvenz beantragen müssen. Eine Restschuldbefreiung im Rahmen eines Regelinsolvenzverfahrens oder einer Verbraucherinsolvenz ist nur dann möglich, wenn von vornherein ein Eigenantrag gestellt wird und im Rahmen des Verfahrens der Gemeinschuldner (Apotheker) entsprechende Gelder über seine Pfändungsfreigrenze hinaus an den Treuhänder abführt bzw. im Rahmen einer Fortführung in einem Regelverfahren die Masse anreichert. Wird jedoch ein Fremdantrag gegen den Schuldner gestellt, so muß dieser innerhalb einer Frist von 14 Tagen selber Eigenantrag stellen, da ihm sonst der Weg der Restschuldbefreiung bei allen Verfahren versagt bleibt.

Die Sanierer haben im Vorfeld auch zu prüfen, ob bei der Unmöglichkeit einer normalen Sanierung, ggf. die Sanierung im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens durchgeführt werden kann. Das Insolvenzplanverfahren erlaubt die quotale Befriedigung der Gläubiger abseits der gesetzlichen Regelung. Hierbei steht eine einvernehmliche Bewältigung der Insolvenz durch Verhandlungen und privatautonome Austauschprozesse im Vordergrund. Der Apothekenbetrieb wird in einem solchen Verfahren nicht eingestellt, sondern wird in der Regel durch den Apotheker selbst und seiner Belegschaft unter der Führung des Verwalters fortgeführt. Parallel dazu werden dann in einem vorgegebenen Rahmen das Gericht und alle abstimmungsberechtigten Gläubiger von dem Insolvenzplan zu überzeugen sein, um anschließend die Sanierung durch Maßgabe des Insolvenzplans durchzuführen.

Der Insolvenzplan sollte nach regulativen Vorgaben bereits bei Beantragung der Insolvenz fertig und als Anlage dem Insolvenzantrag beigefügt sein. So ist sichergestellt, dass sich die Verfahrensbeteiligten an den Insolvenzplan halten werden. Die vom Gesetzgeber angebotene Eigenverwaltung im Rahmen des Insolvenzverfahrens wird bei einer Insolvenz einer Apotheke als nicht realistisch eingeschätzt. Ein erfahrener Insolvenzverwalter wird versuchen, die Apotheke im Rahmen der sogenannten “übertragenen Sanierung” – auch sanierende Liquidation genannt - zu erhalten. Die Apotheke wird mit sämtlichem Anlagevermögen und - in der Regel - mit den Mitarbeitern (§ 613 a BGB ist zu prüfen!) auf einen anderen Rechtsträger übertragen. Das kann ein vorgeschlagener, neuer Apotheker sein, der mit Hilfe (Protektion) des Pharmaherstellers den Standort sichern soll. Aus betriebswirtschaftlicher/ juristischer Sicht ist damit keine echte Sanierung erfolgt, sondern nur die Voraussetzung für die Leistungs-/ und finanzwirtschaftliche Sanierung durch eine potenten dritten Investor geschaffen!

In der Zeit kann die Apotheke von dem Gemeinschuldner mit fachlicher Unabhängigkeit fortgeführt werden. In der Regel wird der (meist schwache) vorläufige Insolvenzverwalter die übertragene Sanierung vorbereiten, die dann im Rahmen der ersten Gläubigerversammlung von den Gläubigern durch Abstimmung angenommen werden muß. Ein erfahrener (schwacher) vorläufige Insolvenzverwalter wird versuchen, die übertragene Sanierung durch einen sogenannten “Vorbehaltskauf” zu schließen, damit der oder die Investoren größtes Interesse daran haben, den Standort zu erhalten bzw. neu zu entwickeln. Dringt erst die Information an die Kunden durch, dass die Apotheke insolvent ist, ist ein Abwandern der Kundschaft nicht zu vermeiden. Auch sind die “empfehlenden Ärzte” in der Regel unsicher, ob sie ihre Patienten noch an diese Apotheke leiten.

Die von der Insolvenz betroffene Apotheke kann sowieso nur von dem bisherigen Apotheker fortgeführt werden, da dem Insolvenzverwalter die fachlichen Voraussetzungen fehlen. Daneben bestehen trotz der Rechte des Insolvenzverwalters erhebliche Einschränkungen, da die Daten und Fakten der Rezepte bzw. der Informationen über die Kundschaft nur dem Apotheker bzw. seinem Fachpersonal weiter zugänglich gemacht werden dürfen.

Die Apotheke kann im Rahmen der durch den Insolvenzverwalter angeordneten Fortführung wirtschaftlich so laufen, als sei der Apotheker immer noch Inhaber. Das besondere Vertrauensverhältnis zwischen dem Apotheker und seinen Kunden ist aber kein Garant dafür, dass die Umsätze auch wieder steigen. Die Bindung der Kunden an die Apotheke ist aber für den Fortgang jedweder Sanierung - sei es vor der Insolvenz oder in der Insolvenz - oberste Pflicht der Verfahrensbeteiligten.

Sind Sanierungsfähigkeit und Sanierungswürdigkeit nicht gegeben, kommt auch in der Insolvenz nur noch eine Abwicklung (Liquidation) in Frage. Der Insolvenzverwalter wird mit Zustimmung des Gerichts die Insolvenzmasse nach Maßgabe des Insolvenzbeschlags veräußern. Dies ist bei einer Apotheke nicht ganz einfach, da er nur einen eingeschränkten Kundenkreis für die Medikamente hat, die zum Teil sogar unter das Betäubungsmittelgesetz (BTM) fallen. Neben den normalen Medikamenten und den nicht verschreibungspflichtigen Mitteln ist die Veräußerung von BTM und den vorhandenen Substanzen aus dem “Giftschrank” gesetzlichen Vorgaben unterlegt. Der Insolvenzverwalter wird sich bei der Liquidation immer der Hilfe des Pharmagroßhandels bzw. des Produzenten bedienen, der diese Produkte/ Medikamente/ Chemikalien geliefert hat. Selbst die Entsorgung von solchen Produkten obliegt besonderen Auflagen, die im Falle einer Abwicklung zu bedenken sind. Normalerweise fällt unter die Masse die gesamte Apotheke einschließlich des möglichen Kundenstamms, der als Verkaufswert verstanden wird. Der Kundenstamm ist jedoch schwer zu veräußern, da die Kunden durch Empfehlung der Ärzte und aufgrund der bisherigen Lieferfähigkeit wiederkehrend die Apotheke besucht haben. Die Kundendaten und Informationen von den Rezepten unterliegen dem Datenschutz. Hier muß der Insolvenzverwalter besondere Vorsicht walten lassen, wenn er eine Gesamtveräußerung mit trägt. Eine Veräußerung sollte grundsätzlich sehr schnell geschehen, damit auch der tatsächliche Wert der Apotheke in der Liquidation festgestellt werden kann, da sonst ein Unsicherheitsfaktor bezüglich der Werthaltigkeit besteht.

Die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung ist ebenfalls in einem Regelinsolvenzverfahren gegeben. Dazu ist es nötig, dass der Insolvenzverwalter die komplette Apotheke mit ihrem gesamten Anlagevermögen vollständig verwertet sowie ein vorheriger Antrag auf Restschuldbefreiung durch den Apotheker gestellt wird. Danach wird über einen Zeitraum von 6 Jahren der Apotheker versuchen, im Rahmen der Wohlverhaltensperiode seine Redlichkeit zu beweisen, indem er den pfändbaren Teil seines dann möglicherweise wieder vorhandenen Arbeitseinkommens zur Begleichung der verbliebenen Schuldner zur Verfügung stellt.

Die Höhe der zur Pfändung freigegebenen Gelder wird durch die familiäre Bindung gekennzeichnet (Pfändungsfreigrenze). Die Unterhaltspflicht gegenüber Ehefrau und Kindern wird die Höhe der Pfändung definieren.

Mittlerweile achten jedoch die Gerichte darauf, dass der Schuldner auch tatsächlich versucht, sich entsprechende Arbeit zu beschaffen, die es ihm dann auch erlaubt, einen Teil des Geldes über den Pfändungsfreibetrag hinaus an seine Schuldner zu überweisen. Damit beschafft er sich auch den Nachweis der Redlichkeit, den er letztendlich benötigt, um später die Chance auf Restschuldbefreiung zu haben. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass ein Nachweis darüber besteht, ob trotz Bemühung keine zumutbare Arbeit gefunden werden konnte. Am Ende der Wohlverhaltensperiode “winkt” dann die Restschuldbefreiung. Die Forderungen bestehen zwar weiter, sind aber nach Ablauf der 6-Jahres-Frist von Seiten der Gläubiger nicht mehr durchsetzbar.

Persönliche Konsequenzen für den Apotheker

Wie bei den Ärzten hat der Apotheker keine Einschneidung hinsichtlich seiner beruflichen Zukunft zu befürchten, wenn er sich nicht als unwürdig und unzuverlässig im Rahmen seiner beruflichen Verpflichtungen gezeigt hat. Wenn er nachweisen konnte, dass er immer den gesetzlichen und regulativen Vorgaben entsprechend gehandelt hat, wird die wirtschaftliche Insolvenz nicht zu einem Verlust seiner Zulassung führen.

Die Apothekerkammern sind hier der Meinung, dass die Beurteilung zur Berufsausübung dabei nur auf die künftige Berufsausübung nach Insolvenz gerichtet ist und keinerlei Schwierigkeiten bestehen, solange der Apotheker sich im Rahmen seiner Berufung nichts hat zu Schulden kommen lassen.

Die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, ein unternehmerisches Scheitern und ein anschließendes Insolvenzverfahren an sich, sind dafür kein ausreichendes Indiz. Strafbare Handlungen hingegen, die der Apotheker möglicherweise zur Verbesserung seiner wirtschaftlichen Lage durchgeführt hat (Verkauf von Betäubungsmitteln, Medikamenten ohne entsprechende ärztliche Verfügung, rezeptpflichtigen Medikamenten, Urkundenfälschung, Unterschlagung und Betrug), führen regelmäßig zum Widerruf der Zulassung.

Alimentierung – Zahlung von Lebensunterhalt durch die Masse

Allein die Fortführung der Apotheke während des vorläufigen Insolvenzverfahrens verhilft dem Apotheker noch nicht zu einem Anspruch auf Zahlung von Löhnen oder Privatentnahmen aus der Masse. Der vorläufige Insolvenzverwalter darf dem Apotheker bis zur endgültigen Entscheidung der Gläubigerversammlung grundsätzlich keine Alimentierung oder Unterstützung aus der Masse gewähren, sondern wird ihm lediglich einen - nach Vorlage einer Vermögensbilanz - notwendigen Unterhalt bezahlen. Natürlich stellt das bei einem Freiberufler ein großes Problem dar, da der entsprechende Lebensstandard davon bezahlt werden muß. Außer einer adäquaten monatlichen Zahlung, die sich in der Regel im Rahmen der Vorgaben der Pfändungsfreigrenze bewegt, wird es von Seiten des Insolvenzverwalters aus der Masse keine weitere Unterstützung geben, da primär die Befriedigung der Gläubigerinteressen im Vordergrund steht. In der Gläubigerversammlung wird ein erfahrener Insolvenzverwalter aber immer anmerken, dass es besser sein, einen etwas höheren Unterhalt an den Apotheker zu überweisen, als ohne die Kompetenz des Gemeinschuldners die Apotheke sofort abzuwickeln und damit keine weitere Anreicherung der Masse zu erreichen. Auch das vorherige Verhalten des Gemeinschuldners ist sicher ein Indiz dafür, ob der Insolvenzverwalter sich den Gläubigern “entgegenstellt”. Hat der Apotheker sich vorher untadelig verhalten und kann nachweisen, dass der Insolvenzantrag zeitnah und gesetzeskonform gestellt worden ist, werden die Gläubiger sicher eher im Nachtrag ihre Zustimmung geben, als wenn der Apotheker schon vorher durch kriminelle Handlungen zu Lasten der Gläubiger aufgefallen ist.


Altersvorsorge

Nur die Altersvorsorge auf Basis des berufsständischen Vorsorgewerkes ist insolvenzsicher. Alle anderen Altersvorsorgen werden im Rahmen des Insolvenzverfahrens vom Insolvenzverwalter gekündigt und zur Masse gezogen, soweit der Apotheker persönlich haftend führte und keine GmbH eingetragen hatte.


[ 01.06.2014 ]



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