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Die Internationalisierung von kleinen und mittelständischen Unternehmen

Durch die ständig voranschreitende Globalisierung der Märkte müssen auch die mittelständischen Unternehmen sich international ausrichten und ihre Märkte und Absatzgebiete im Ausland erschließen. Häufig jedoch geraten gerade kleine und mittelständische Unternehmen bei dem Versuch Produktion und Vertrieb in neuen Märkten zu etablieren in Schwierigkeiten, da im Vorfeld keine Recherche über die Situation im Ausland durchgeführt worden ist.

Hilfe von erfahrenen Beratern, die sich mit den ausgesuchten Märkten auskennen und entsprechende Erfahrungen haben, wird oft aus Kostengründen nicht angenommen. Üblicherweise wird gerade beim Mittelstand ein Auslandsengagement nicht strategisch geplant und umgesetzt, sondern sehr oft von den Inhabern „aus dem Bauch heraus“ entschieden und eingeleitet.

Nach neuesten Erkenntnissen sind zehn Hauptkriterien zu erfüllen, wonach ein Auslandsengagement erst nach positiver Klärung erfolgversprechend ist.

So müssen im Vorfeld über das Land und seine Märkte entsprechende Informationen eingeholt werden. Hier reichen meist die Informationskanäle der Wirtschaftspresse nicht allein aus, sondern es sollten die Auslandskammern, Informationen der eigenen Verbände sowie des Wirtschaftsministeriums von Bund und Land angesprochen werden. Käuferverhalten, politische Situation, entsprechende Marketing- und werbetechnische Besonderheiten müssen von vornherein sehr sorgfältig zusammengestellt und in einem Strategiepapier definiert werden.

Bevor die Entscheidung getroffen wird ein Auslandsengagement einzugehen, sollte die Vorlage einer professionellen Auslandsexpansionsstrategie niedergelegt werden. Es ist immer sicherer die Kosten für eine solche Prüfung zu tragen, als später seine unrentablen Auslandsaktivitäten mit zusätzlichem Schließungsaufwand einstellen zu müssen und ggf. aus den Investitionen Verluste zu erhalten.


Nicht jede Produktion im Ausland ist sinnvoll

Oft werden mittelständische Unternehmer vor die Wahl gestellt, in Deutschland in neue Technologie zu investieren oder bestehende Produktionen ins Ausland zu verlegen, um dort die Produkte nach Deutschland zu verkaufen und ggf. den ausländischen Markt zu bearbeiten zu können. Dabei wird übersehen, daß oft das eigene Werk gegenüber den lokalen Konkurrenten überhaupt kein Wettbewerbsvorteil mehr hat. Zwar stehen dann deutsches Know-how und deutsche Technik dem ausländischen Mitarbeiter zur Verfügung, jedoch ist die Anlaufzeit, die üblichen Schwierigkeiten in einem ausländischen Land und mangelnde Kenntnis über herrschende Produktivität und Qualitätsbewußtsein oft ein Problem, was letztlich so kostenintensiv ist, daß die lokale, ausländische Konkurrenz nach wie vor ihr Marktmonopol behalten kann.

Es macht heute keinen Sinn mehr, seine Produktion ins Ausland zu verlegen, wenn man nur die Belieferung seiner üblicherweise in Deutschland sitzender Vertriebsgesellschaft im Auge hat.


Häufig sind Terminvorgaben völlig unrealistisch

Auch Gründungen von Auslandsgesellschaften und Umsetzungen von Produktionsstandorten unterliegen häufig dem Zeitdruck. Da müssen zu bestimmten Zeiten die Produkte wieder gefertigt werden, die Kunden erwarten keinen Lieferausfall und das Qualitätsniveau soll auch gehalten werden.

Eines der größten Probleme von Auslandsengagements ist die nicht kalkulierbare Zeit bis eine Strategie realisiert ist. Oft stehen die Entscheider vor der Situation, daß ein völlig unrealistischer Zeitplan aufgrund von fehlenden Vorabinformationen vorliegt.

So sind z. B. klassische Expansionen ins Ausland oft verspätet, d.h. die Entscheidung für die Umsetzung hätte viel früher oder ggf. viel später erfolgen müssen. Da der mittelständische Unternehmer sehr oft seine Entscheidungen nicht immer rational und schnell trifft, können Expansionen im Ausland durchaus zu falschen Zeitpunkten erfolgen.


Die Problematik im Ausland Partner zu finden

Im allgemeinen bemühen sich sowohl die Wirtschaftsministerien der Länder als auch des Bundes darum, bei sogenannten Kontakttreffen und Gesprächen mit ausländischen Firmen. Hierbei kann festgestellt werden, daß gerade kleine- und mittelständische Unternehmen vertreten durch ihre Inhaber oder Geschäftsführer meinen, nach einem oder zwei Treffen mit dem Partner und vielleicht nach Austausch verschiedener Korrespondenzen sei der richtige Pedant gefunden worden. Durch immer wieder falsche Überlegungen, daß ausländische Partner auch die „deutsche Mentalität“ besitzen und entsprechend zeitgemäße und zielgerichtete Konzepte umsetzen, verlieren jedes Jahr viele Unternehmen Milliardenbeträge.

So sind vielfach die Exportleiter der Meinung, es würde sich nicht lohnen, einen lokalen Partner zu suchen, um diesen dann z. B. unter Einbindung von Gesellschaftsanteilen so zu positionieren, daß der fremde Markt erfolgreich bearbeitet wird. In der Masse begehen mittelständische Gesellschaften immer wieder den Fehler, daß die Markterschließung mit ungeeigneten, da unter Zeitdruck gesuchten lokalen Partnern beginnt.


Die strategischen Vorbereitungen sind der halbe Erfolg

Ein Auslandsengagement muß im Vorfeld konsequent durchdacht und strategisch geplant sein. Fehlen ggf. Eckdaten, wie z. B. Kunden- und Käufermentalität, welche Feiertage das Land hat oder wie z. B. die Stellung zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten landestypisch geregelt ist, kann kein Erfolg möglich sein. Im Vorfeld muß die Export- oder Auslandsabteilung mit Hilfe der angebotenen offiziellen Stellen diese Punkte klären und dabei direkt die Wirtschaftsabteilungen der deutschen Botschaft in dem Zielland oder die hiesige Botschaft des Landes in Bonn konsequent ansprechen. Wenn kein externer mit der Markterschließung beauftragt wird, sollte jedoch eine interne Projektgruppe mit mindestens 3 Mitgliedern für die Erstellung des Konzeptes für das mögliche Auslandsengagement gebildet werden. Dabei sollte die Zusammenarbeit mit der Handwerks- oder Industrie- und Handelskammer gesucht werden, da der Deutsche Industrie- und Handelstag sehr oft über Büros (Auslandskammer) in den jeweiligen Ländern verfügt.


Die Standortsuche im Ausland - wovon abhängig machen

Ein günstiges Baugrundstück und geänderte politische Rahmenbedingungen können noch keine Sicherheit dafür geben, daß der ausgesuchte Standort auch wirklich der richtige ist. Die in Deutschland und anderen westlichen, europäischen Ländern ansässigen Wirtschaftsförderungen, Stadtentwicklungs- oder Planungsgesellschaften gibt es z. B. in den Ländern des ehemaligen Ostblocks nicht. So sind u. a. hier Standortentscheidungen davon abhängig zu machen, ob und inwieweit ein Produktionsstandort energie- und wasserversorgt ist, woher die Energien bezogen werden und wieweit in nächster Zeit gerade an diesem Standort Umwelt- oder andere Auflagen zu erwarten sind.

Ist der Standort einmal gewählt und ggf. mit Investitionen verbunden, so kann nach Anlauf der Produktion und/oder des Lagerbetriebes nach Feststellung von Fehlplanungen nicht einfach alles umgestellt werden.

Oft werden auch bei größeren Auslandsstrategien Standorte gesucht, wo das Werk z. B. in einer für den Wirtschaftszweck ungeeigneten Region gebaut wird. Ausländische Investoren werden in jedem Land gern empfangen, jedoch muß die Standortentscheidung neben möglichen Kosteneinsparungen durch günstigen Erwerb von Grund- und Boden auch logistisch langfristig die richtige sein.


Ausländisches Recht - ein schwieriges Kapitel

Wenn alle Daten und Informationen stimmig sind und möglicherweise der Standort mit all seinen Belangen feststeht, so stolpern doch viele Unternehmen über das geltende Recht. So ist im Vorfeld zu prüfen, welche Rechte ein ausländischer Investor grundsätzlich bei Warenein- und Warenausgängen erhält, wie eingeführtes Kapital bzw. erwirtschaftete Gewinne gesehen werden und welche Rechte bzw. Pflichten man den heimischen Mitarbeitern gegenüber hat. Neben der Problematik des öffentlichen Rechts gibt es natürlich auch mögliche Korruption, ausufernde einseitige Bürokratie und mögliche Willkür. Auch hier sind viele Unternehmer und Entscheider recht unvorsichtig, es werden immer wieder gültige Verträge und Vertragsformen des deutschen Rechts einfach nur in die jeweilige Landessprache übersetzt und dann zur Vertragsbindung genutzt. Es ist bei ausländischen Engagements zwingend notwendig, daß auch hier wieder Juristen, die sich mit den Gegebenheiten auskennen, schon im Vorfeld mit in die strategische Planung einbezogen werden.

Es ist sehr wichtig, daß die lokalen Gesetze und ihre Auswirkungen ausreichend analysiert werden und hier z. B. mit anderen deutschen Unternehmen, die ggf. schon vor Ort sitzen, Austausche stattfinden.


Wie ist die Produktqualität einzuschätzen

Bekanntlicher Weise freuen sich Städte und Gemeinden, wenn ein ausländischer Investor Arbeitsplätze schafft. Nur hat die Vergangenheit gezeigt, daß die schöngerechneten Erträge nach einer Produktionsverlagerung ins Ausland den Fehler haben, daß die zwar kurzzeitig engagierten Mitarbeiter z. B. die Quantitäten produzieren, jedoch häufig die Gefahr von Einbrüchen bei der Produktqualität unterschätzt wird. Selbst große Konzerne haben langfristig gesehen, daß der augenscheinliche Preisvorteil einer ausländischen Produktion dann zunichte geht, wenn die Produktqualität nicht stimmt.

Anfallende Qualitätsverluste kompensieren häufig die vorher geplanten Mehrerlöse durch einen kostengünstigeren Standort erheblich.

Oft werden auch Mitarbeiter vor Ort zwar an der deutschen Technologie ausgebildet, jedoch lernt der Mitarbeiter immer nur seine Maschine zu bedienen, so daß bei Krankheit und/oder anderen Organisationsproblemen die Qualitätsnorm der Produkte nicht erfüllt werden. Auch ist die immer weiter voranschreitende Isozertifizierung bei deutschen Auslandstöchtern sehr schwierig.

Ein Land was z.B. für den Maschinenbau bekannt ist, kann trotzdem die gewünschte und geforderte deutsche oder westeuropäische Qualität durch seine Mitarbeiter nicht erbringen, wenn die Belegschaft nur zeitweise eingearbeitet wurde durch deutsche Facharbeiter, und dann der Produktionsablauf „allein gelassen wird“.


Die Personalsuche ist nicht allein in Deutschland einfach

So wird bei den meisten Unternehmen die Ausbildung oder Motivation des Personals vor Ort unterschätzt. Die Bedeutung von bestens ausgebildeten Mitarbeitern ist nach Länder und Qualitätsstandard sehr unterschiedlich. Ein graduierter Diplom-Ingenieur mit besten Auszeichnungen mag für sein Land sicherlich hervorragend sein, kann aber nach der Forderung von westeuropäischem Qualitätsstandard nur im unteren Mittelmaß mithalten.

Es ist hier absolut notwendig, daß die Mitarbeiter vor Ort sehr genau ausgewählt und lange vorher geschult werden. Neben den immer vorhandenen Sprachproblemen sind auch Mentalitäten, Religionen und Beziehungen in der Hierarchie sehr genau zu analysieren. Auch im Ausland hat es sich herumgesprochen, daß deutsche Fachkräfte gut entlohnt werden. Es hat also keinen Sinn Führungskräfte und/oder Beteiligungspartner mit geringerem Salär als der Deutsche erhalten würde, zu bedienen. Es ist ratsam darüber nachzudenken, ob die mittlere bzw. höhere Führungsstruktur nicht mindestens beide Sprachen sprechen sollte und ggf. in beiden Ländern gelebt und gearbeitet haben sollte.

Die Personal- und Stellenplanung muß von vornherein in das Strategiepapier aufgenommen werden.


Die Einschätzung von Synergieeffekten

Die Synergieeffekte z.B. mit vorherigen ausländischen Zulieferern, die jetzt z.B. direkte Nachbarn sind, werden meist viel zu optimistisch eingeschätzt. Hier bedarf es auch einer genauen vorherigen Prüfung, ob und inwieweit sich an dieser Stelle Kostenvorteile bemerkbar machen.


Konsequente Strategien schaffen Auslandserfolge

Nur wer seinen Schritt als kleiner- oder mittelständischer Unternehmer ins Ausland von vornherein mit den benötigten Spezialisten richtig plant und alle Eventualitäten überdenkt, wird erfolgreich sein. Es ist immer besser die Kosten des Auslandskonzeptes, daß nicht realisiert wird, zu bezahlen, als ohne Strategie blindlings Investitionen in unsichere Märkte zu tätigen.


[ 01.10.2012 ]



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