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Umgang mit Arbeitnehmern in der Unternehmenskrise

Die Belegschaft muss motiviert bleiben

Maßgeblich zum Erfolg einer Unternehmenssanierung trägt bei, wer es schafft, die Belegschaft zu motivieren, dabei trotzdem Kosten zu sparen und dafür zu sorgen, dass die Produkte und/ oder die Dienstleistungen fehlerfrei an den Kunden gebracht werden.

So ist die Bearbeitung des „Personalbereichs“ im Rahmen einer Unternehmenssanierung sicherlich die Königsklasse.

Werden in der Literatur immer wieder Personen herausgestellt, die konsequent und hart Entlassungen durchgeführt haben, so werden sich erfolgreiche und erfahrene Sanierer konsequent gegen solchen "Rasenmähermethoden" aussprechen bzw. diese nur durchführen, wenn keine andere Möglichkeit gegeben ist.

Hier kommt es auf Sensibilität an und auch auf die Art und Weise, wie mit der Belegschaft und hier speziell mit den nötigen Fachkräften umgegangen wird.


Prüfung einer Sanierungsbeteiligung der Belegschaft

Ein sehr sensibler Bereich im Zuge einer Sanierung ist die Sanierungsbeteiligung der Belegschaft. Grundsätzlich müssen bei Unternehmenssanierungen immer Einschnitte durchgesetzt werden. Dies ist erfahrungsgemäß auch immer im Personalbereich der Fall. Neben der Unsicherheit bzgl. der Arbeitsplätze und der Entlohnung steht oft auch der Zorn der Belegschaft auf die Geschäftsführung im Raum. Gerade die gewerblichen Arbeitnehmer sind oft der Meinung, dass sie Management- oder Strategiefehler „ausbaden“ müssen, deren Folge der Belegschaftsabbau ist.


Belegschaft hat Angst vor Arbeitsplatzverlust

Oft werden Maßnahmen ergriffen, die dazu führen, dass die Belegschaftsstärke reduziert werden muss, um den ordnungsgemäßen Geschäftsablauf zu sichern. Der Ablauf dieser Entscheidungen hängt von dem Sanierungsteam ab, welches das Unternehmen kostenmäßig entlasten aber lebensfähig halten muss. Dabei muss auch häufig hart mit dem Betriebsrat verhandelt werden. Gerade bei Unternehmen in der Sanierung ist oft festzustellen, dass die Arbeitnehmer objektiv unterbeschäftigt sind; dies auch selbst wissen und deshalb versuchen diesen Umstand entweder

- zu verbergen

- oder Arbeiten an sich zu ziehen, die nicht zwingend erforderlich sind.

Dieses Verhalten der Arbeitnehmer - insbesondere in der minderqualifizierten und unteren Lohngruppen - ist Ausdruck des verständlichen Bemühens zur Erhaltung des eigenen Arbeitsplatzes. Sie vermitteln durch ihr Verhalten den Eindruck gut beschäftigt, vielleicht sogar überlastet zu sein. Eine sorgfältige Analyse der tatsächlichen Arbeitseffizienz ist zwingend notwendig. Dies obliegt einem Sanierungsteam, das sich auch mit den Belangen der Belegschaft zu beschäftigen hat. Hier ist auch zwingend notwendig, dass ein im Arbeitsrecht erfahrener Jurist das Team entsprechend verstärkt.


Personalwirtschaftliche Sofortmaßnahmen

Bei Kosteneinsparungszwang bleibt oft nur als Sofortmaßnahme der konsequente Personal- / Kapazitätsabbau. Hier sind folgende unpopuläre Maßnahmen eine Option:


Einstellungsstopp

Mitarbeiter müssen freigewordene Stellen doppelt belegen bzw. Neueinstellung dürfen nur in extremen Ausnahmefällen vorgenommen werden.

Überstundenverbuchung

Der Leistungsdruck des Sanierungsteams muss auch auf die Mitarbeiter erhöht werden. Dazu gehört auch die Anordnung, höchsteffizient zu arbeiten und keine Überstunden mehr aufzubauen. Unter Mitarbeit des Betriebsrates können auch Arbeitszeitkonten eingeführt werden, die dann bei erfolgter Sanierung von den Mitarbeitern als Freizeitausgleich in Anspruch genommen werden können.

Aufhebungsverträge

Abfindungszahlungen des Arbeitgebers können in bestimmten Fällen günstiger für das zu sanierenden Unternehmen sein.

Gezielte Urlaubsplanung und Abbau von Überstunden

Die Urlaubs- und Überstundenplanung des Unternehmens sollten gemeinsam mit dem Betriebsrat fallbezogen besprochen und umgesetzt werden.

Umwandlung von Voll- in Teilzeitverträge

Dadurch wird gewährt, dass die Arbeitskraft im Unternehmen erhalten bleibt und somit eine Chance zur problemlosen Steigerung der Kapazitäten eröffnet wird, wenn wieder genügend Beschäftigung vorhanden ist.

Kündigung bzw. Aufhebung von Dienstverträgen, Verträgen mit freien Mitarbeitern oder zeitlich befristeten Aushilfen

- Prüfung und Kündigung von Dienstverträgen mit Fremdfirmen
- betriebsbedingte Kündigungen
- verhaltens- oder personenbedingte Kündigungen
- Alle Maßnahmen sind von Spezialisten des Arbeitsrechts vorab auf Machbarkeit zu prüfen


Betriebsversammlung

Sollte das Unternehmen keinen Betriebsrat haben, so ist zwingend eine Betriebsversammlung nötig, um hier den Belegschaftsangehörigen den Stand der Sanierungsbemühungen und die Lage des Unternehmens zu vermitteln. Gibt es einen Betriebsrat, so sollte gemeinsam mit ihm eine Betriebsversammlung gehalten werden.

Im Rahmen von Unternehmenssanierungen sind die Angehörigen der Belegschaft in den meisten Fällen schon durch die betriebliche Situation belastet. Um überhaupt im Rahmen einer Krisenbewältigung das Unternehmen zu konsolidieren, bedarf es der Unterstützung der Belegschaft.

Die Belegschaft muss sofort nach Übernahme des Sanierungsmandates über alle Schritte informiert werden.

Es empfiehlt sich, die Betriebsversammlung geleitet vom Sanierungsteam - und ohne die Anwesenheit des Unternehmers - freitags nachmittags durchzuführen, damit die Worte auf die Belegschaftsangehörigen „einwirken“ können.


Keine falschen Versprechungen machen!

Die Wortwahl der Ansprache in einer Betriebsversammlung muss wohl gewählt werden, da in dieser sehr schwierigen und noch undurchsichtigen Phase sowohl Vertrauen bei der Belegschaft geweckt werden muss, jedoch keine Versprechungen abgegeben werden dürfen, die später nicht eingehalten werden können.

Der Krisenmanager wird hier später die Schwierigkeit haben, an den Worten der Betriebsversammlung gemessen zu werden.

Die Sanierer müssen die Belegschaft in dieser Zeit mit der Ansprache davon überzeugen, dass noch eine Chance auf Gesundung besteht. Es ist daher wichtig, dass solch eine Versammlung durch das Krisenmanagement geplant wird und die wichtigsten Fakten zusammengestellt und der Belegschaft entsprechend mitgeteilt werden.

Normalerweise kristallisiert sich bei solchen Veranstaltungen immer sehr schnell heraus, wer in der Belegschaft die gesamten Zusammenhänge erkennt und zum Wohle der Sanierung votiert, um damit als Bindeglied zwischen dem Sanierungsteam und der Belegschaft zu fungieren. Dieser Mann oder diese Frau, in einigen wenigen Ausnahmen auch eine kleine Gruppe, sollte regelmäßig vom Sanierungsteam innerhalb der Sanierung über den Fortgang der Sanierung informiert werden, damit die Belegschaft das sichere Gefühl hat, dass sie ein wichtiger und ernst genommener Teil der Sanierung ist.


Ansprache von Sanierungszielen

Nutzen Sie die Gelegenheit, bei einer Betriebsversammlung auch über die Ziele der Sanierung zu sprechen und den Beitrag, den die Mitarbeiter zum Erfolg des Vorhabens leisten können, herauszuheben.

Sagen Sie der Belegschaft unumwunden, dass ohne ihr Zutun und ihre Mitarbeit eine Sanierung von vornherein aussichtslos ist.

Lassen Sie den Belegschaftsangehörigen die Möglichkeit, innerhalb der Versammlung oder auch später ihre Sorgen und Nöte kundzutun. Oft entlädt sich auch die Wut der Belegschaft über höher gestellte Manager bzw. über die Inhaber und Geschäftsführer, da z. B. Löhne oder andere Leistungen nicht gezahlt wurden bzw. Versprechungen der Firmenleitung hinsichtlich Überstunden und Urlaubsvergütung nicht eingehalten werden konnten. Nehmen Sie diese Einwände zum Anlass, um hier mit der Politik der kleinen Schritte das Vertrauen der Belegschaft zu gewinnen.

Soweit ebenfalls personelle Veränderungen auf den höheren Hierarchieebenen notwendig sind, sollte (ohne Namensnennung) von dem Sanierungsteam deutlich gemacht werden, dass „die da oben“ von den nötigen Konsequenzen nicht ausgenommen werden.


Die Angst vor Arbeitsplatzverlust lähmt Produktivität

Sollte die Betriebsversammlung an einem anderen Wochentag in der Woche stattfinden, dann ist davon auszugehen, dass an dem folgenden Tag die Produktivität weit zurückfällt und möglicherweise dadurch Qualitätsverluste bei produktiven Unternehmen die Folge sind. Jeder Mitarbeiter hat seine eigenen persönlichen Probleme und Nöte bei einer Unternehmenssanierung. Insbesondere die Angst vor dem „Wegfall des Arbeitsplatzes“ und den damit verbundenen Problemen hinsichtlich der finanziellen Absicherung und Erhaltung des Lebensstandards ist nicht zu unterschätzen. Diese Gedanken und Gespräche innerhalb der Belegschaft lähmen üblicherweise die Möglichkeit, Sanierungsmaßnahmen schnell und effizient umzusetzen.


Betriebsrat und Gewerkschaften

Eine gute Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat ist anzustreben. Hier findet man per Saldo oft genug mehr Kooperationsbereitschaft als in höheren Hierarchieebenen. Es ist also von vornherein eine offene Informationspolitik mit dem Betriebsrat und je nach Lage mit der Gewerkschaft zu pflegen. Eine erfolgreiche Sanierung kann nur dann gelingen, wenn die Belegschaft hinter den gesteckten Zielen steht und bereit ist, eigene Anstrengungen für den Erhalt der eigenen Arbeitsplätze und des Unternehmens auf sich zu nehmen, erst recht, wenn Vertrauen in die Arbeit des Projektteams gesetzt wird. Dem wird sich erfahrungsgemäß eine Gewerkschaft auch nicht verschließen. Im Interesse der langfristigen Tragfähigkeit des zu sanierenden Unternehmens sollte die für die Mitarbeiterfreisetzung gegebenenfalls vorzunehmende Sozialauswahl zumindest abgemildert werden. Eine erfolgreiche Konsolidierung eines Unternehmens kann nicht gelingen, wenn überwiegend leistungsschwache Mitarbeiter verbleiben.

In dem Projektteam ist schließlich auch der Betriebsrat vertreten, der nicht nur zur Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben des Mitbestimmungsrechts eingebunden wird, sondern auch mögliche und notwendige unpopuläre Maßnahmen mitträgt und durchzusetzen hilft.


Sanierungsvereinbarung mit der Belegschaft

Betriebsvereinbarungen mit der Belegschaft müssen unbedingt vorab von auf Arbeitsrecht spezialisierten Juristen und / oder den Assessoren der Arbeitgeberverbände ausgearbeitet bzw. überprüft werden.

Wichtig ist auch, dass die Belegschaft ebenfalls einen Juristen an ihrer Seite hat, wenn es keinen kundigen Betriebsrat gibt. Dadurch verfügen auch die Mitarbeiter über eine gewerkschaftliche und unterstützende Beratung.

Entsprechende Sanierungsvereinbarungen müssen immer und grundsätzlich nach dem geltenden Tarifrecht ausgearbeitet werden. Es ist dabei zu beachten, dass auch bei kleineren Unternehmen die Tarifverträge - so sie denn vorhanden sind - geprüft werden, ggf. die Härtefallklauseln herausgefiltert, für die mögliche Vereinbarung herangezogen und mit der Gewerkschaft verhandelt werden müssen.


[ 01.12.2009 ]



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