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Erstellung von Sanierungsgutachten (angelehnt) an den IDW Standard S 6 birgt (Haftungs-)Risiken

Die sogenannten „Risiko- bzw. Prophylaxe- und/oder Sanierungsabteilungen“ der Kreditwirtschaft erwarten in der Regel von Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten immer, dass ein auf Sanierung spezialisierter Steuerberater/ Wirtschaftsprüfer, eine Unternehmensberatungsgesellschaft oder Rechtsanwälte mit Sanierungsberatungsschwerpunkt für die Erhaltung des Kreditengagements und/ oder Neu- bzw. Nachfinanzierung ein Sanierungsgutachten (angelehnt) an den IDW Standard S 6 vorlegen. Ohne ein entsprechendes belastbares Sanierungsgutachten sind die Banken und Sparkassen zumeist gezwungen, das Engagement wesentlich zu kürzen bzw. schlimmstenfalls zu kündigen. Es ist in diesem Fall noch mal darauf hinzuweisen, dass die Erstellung eines Sanierungsgutachtens vom eigenen Steuerberater als nicht zweckmäßig erscheint, da dort möglicherweise schon bekannte „Fehlentscheidungen“ und Entwicklungen aus der Vergangenheit (die der Berater möglicherweise begleitet hat) dokumentiert werden müssen. Die Kreditwirtschaft geht deshalb dazu über, Sanierungsgutachten immer von neutralen Personen oder Gesellschaften erstellen zu lassen, die im Vorfeld keine dienstvertragliche oder sonstige Beziehung zum Unternehmen hatten.

Wird eine Sanierung zum Insolvenzfall, ändert sich die Betrachtungsweise des Gutachtens

Ausgehend von der Vorgabe des IDW S 6 sind trotz „Anlehnung“ bestimmte Mindeststandards einzuhalten. Hierbei geht es nicht nur um die Vorgaben vom IDW selbst, sondern auch höchst richterliche Rechtsprechungen haben bestimmte Maßstäbe gesetzt bzw. werden daraus abgeleitet. Fehler bzw. nicht eingehaltene Vorgaben haben dann nicht nur negative Auswirkungen auf die Entscheidungen der kreditgebenden Sparkassen und Banken, sondern können auch vom späteren Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren zu kritischen Fragen führen.

Eine „forensische“ Prüfung des Insolvenzverwalters hinsichtlich von Haftungstatbeständen ist zu erwarten

Der bestellte Insolvenzverwalter wird konsequent im Rahmen seiner vom Gesetzgeber vorgegebenen Pflichten bzgl. Anfechtung von Rechtshandlungen und/oder Prüfung wegen Insolvenzverschleppung den Inhalt des Sanierungsgutachtens prüfen. In der Regel werden Insolvenzverwalter, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und/ oder darauf spezialisierte Dienstleister beauftragt, die im Sanierungsgutachten vorgetragenen Sachverhalte und Entwicklungen nebst den vorgeschlagenen (und später vielleicht nicht eingetretenen) Maßnahmen auf Plausibilität zu prüfen.

Der Verwalter wird etwaige Verstöße gegen die vorgegebenen Standards möglicherweise nutzen, um (nicht nur) das Honorar des Sanierungsgutachters zurückzufordern, sondern möglicherweise auch weitere Haftungstatbestände zu prüfen.

Zusätzlich wird ein fehlerhaftes Sanierungsgutachten nach IDW S 6 auch dazu führen können, dass der Verwalter gegen Banken und Sparkassen vorgehen wird; insbesondere im Rahmen der späteren Anfechtung von gewährten Kreditsicherheit nach §133 InsO, die dann zu erheblichen Forderungsausfällen bei Banken und Sparkassen führen können.

Ein Sanierungsgutachten ist kein Gefälligkeitspapier

Hauptforderung von Banken und Sparkassen ist, dass im Rahmen der Vorlage eines Sanierungsgutachtens nach IDW S 6 (auch die gekürzten Versionen) eine positive Fortführungsprognose erstellt wird. Nur eine positive Fortführungsprognose sorgt im Rahmen der internen Entscheidungen bei Banken und Sparkassen dafür, dass Engagements erhalten bleiben können, Engagements unter bestimmten Bedingungen fortgeführt werden oder Engagements nicht sofort gekündigt und fällig gestellt werden. Weiterhin kann eine positive Fortführungsprognose, wenn sie plausibel und realitätsnah aufgestellt ist, dafür sorgen, dass das kreditgebende Institut weitere Mittel zur Sanierung herausreicht.

Neutralität muss gewährleistet sein

Deshalb ist es auch notwendig, dass regelmäßig unabhängige Personen/ Dienstleister ein solches Sanierungsgutachten erstellen, damit von vornherein sichergestellt ist, dass das später präsentierte Sanierungsgutachten kein „Gefälligkeitspapier“ ist. Die vorgefundenen Bedingungen und die Möglichkeit einer nachhaltigen Sanierung müssen plausibel dargestellt werden. Sanierungsgutachten mit positiven Fortführungsprognosen, die hingegen lediglich mit „heißer Nadel gestrickt“ wurden, helfen später nur dem Insolvenzverwalter sehr erfolgreich Anfechtungen durchzusetzen.

Kreditzusagen, Gesellschafterbeiträge und Lieferantenabsprachen müssen schriftlich dokumentiert sein

Gibt es bedingte Kreditzusagen oder Absprachen mit den Gesellschaftern, weitere Eigenmittel unter bestimmten Bedingungen zuzuführen oder Forderungs-/ Teilverzichte bzw. Stundungsvereinbarungen mit Lieferanten zu schließen, so sind diese Sachverhalte mit den entsprechenden Parteien schriftlich zu vereinbaren und dem Sanierungsgutachten als Anlage beizufügen. Selbst wenn es sich um Vorbehaltszusagen handelt, sollten diese entsprechend ausgestellt und schriftlich dokumentiert werden, um hier auch die Plausibilität der gesamten Sanierungsstrategie zu unterfüttern. Neben Gesellschafterbeschlüssen sind möglicherweise auch Nachweise zu erbringen, ob und inwieweit Gesellschafter und/oder nahestehende Personen, Dienstleister, Lieferanten Zusagen überhaupt erfüllen können (Kapitalnachweise etc.).

Rechtsprechung verlangt realistische und tatsächlich umsetzbare Maßnahmen

In der Rechtsprechung und auch explizit im IDW S 6 Standard wird verlangt, dass alle Sanierungsmaßnahmen realistisch und tatsächlich umsetzbar sein müssen. Auch Probleme oder Unwägbarkeiten im Rahmen einer Sanierung (Gläubigerverhandlungen etc.) sind zu dokumentieren. So ist z. B. bei einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit dringend darauf zu achten, dass die gesetzlichen Vorgaben nach § 17 II InsO bzw. nach § 64 GmbHG (bei Kapitalgesellschaften) unbedingt eingehalten werden. Bei Strategien zu Kosteneinsparung sowie zur Vertriebsoptimierung müssen letztlich annähernd richtige Prognosen abgegeben werden. Es ist sinnvoll, sich bei solchen Prognosen auf Daten von Kammern, Verbänden oder sonstigen Quellen zu beziehen, die allgemein gültige Statistiken führen.

Die Rechtsprechung erwartet betriebswirtschaftlich plausible Umsatz- und Ertragsplanungen, die an die Leistungswirtschaft des Unternehmens angepasst sein müssen. Gerade auch Branchentrends und Marktinformationen sind nötig, um etwaige Umsätze und Erträge vorausschauend plausibel vorzutragen. Es ist nötig, die Quellen im Sanierungsgutachten zu nennen und idealerweise als Anlagen beizufügen.

Planerische Vorsicht – Unwägbarkeiten eingrenzen

Sanierungsspezialisten wissen: eine noch so gute Planung ist immer dann nicht durchführbar, wenn äußere Umstände sich unvorhergesehen verändern. Deshalb ist es nötig, dass alle Planrechnungen so konservativ wie möglich gestaltet und mögliche Planabweichungen mit einkalkuliert werden. Sanierungsgutachten, die eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage „auf der letzten Rille“ dokumentieren, sind aus genannten Gründen für alle Beteiligte möglicherweise haftungsrelevant. Neben den rein betriebswirtschaftlichen Daten und Fakten sind auch steuerliche und juristische Bereiche der Sanierung zu prüfen und in das Sanierungsgutachten einzupflegen.

Auch eine negative Fortführungsprognose kann helfen

Ist das Gutachten erstellt und es stellt sich resümierend heraus, dass eine positive Fortführungsprognose unter den Vorgaben des IDW und unter Betrachtung der gesetzgeberischen Vorgaben nicht möglich ist, dann können auch Wege über eine insolvenzrechtliche Sanierung eingeschlagen werden. Der Gesetzgeber hat mit mehrfachen Änderungen des Insolvenzgesetzes (ESUG - Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) Möglichkeiten geschaffen, die Arbeitsplätze zu sichern und Unternehmen zu erhalten.

Heilung kostet Geld

Die Kompetenz von Personen, die Sanierungsgutachten und Insolvenzpläne professionell erstellen, kann man daran erkennen, dass sie sowohl in die Umsatz- und Ertragsplanungen als auch in die Liquiditätsplanungen entsprechend Honorare einstellen, die zur Umsetzung sämtlicher Sanierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen nötig sind. Selbst bei der Gefahr, dass das Sanierungsgutachten als solches nicht umgesetzt werden kann, weil die nötigen Mittel zur Zahlung des Sanierungsberaters bzw. eines Interimsmanagers nicht vorhanden sind, ist dies entsprechend zu dokumentieren. So müssen sich dann gegebenenfalls die maßgeblichen Gläubiger überlegen, ob sie zu Gunsten des Sanierungsberaters/ Interimsmanagers auf Teile ihrer Forderung verzichten, um so Ihre Restforderungen zu sichern bzw. den Erhalt des Unternehmens ihres Kunden zu gewährleisten.

Erfahrene Sanierungsspezialisten aus den Bereichen Recht, Steuern und Betriebswirtschaft kosten Geld. Auch hier lässt sich die Seriosität des Gutachters bzw. des Sanierungsgutachtens daran erkennen, wie hoch am Ende der Honoraraufwand ist, um komplexe bzw. komplizierte Sachverhalte zu amortisieren und zu bewerten.

Sowohl bei Sanierungsgutachten nach IDW S 6 als auch bei Insolvenzplänen nach IDW S 2 ist festzuhalten, dass durch „Versuch und Irrtum“ für alle Beteiligten am Ende wirtschaftliche Probleme, Honorarverluste oder sogar haftungsrechtliche Inanspruchnahmen drohen.

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