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Übertragene Sanierung und Auffanggesellschaften

Standortsicherung und Arbeitsplatzerhaltung

Nicht immer ist eine außergerichtliche Sanierung möglich, um den Standort des Unternehmens zu sichern und die Arbeitsplätze zu erhalten. Die Vorgeschichte ist regelmäßig ähnlich. Erst fangen die Banken an in Prolongationsgesprächen die Linien zu kürzen oder erwarten Rückzahlungsvereinbarungen. Da die Unternehmer bzw. die Geschäftsführer keine andere Wahl haben, willigen sie zunächst ein. Aufgrund der Liquiditätsenge kommt es später zu Pfändungen oder anderen Zwangsvollstreckungen, die dazu führen, dass die erste Bank ihre Linie sofort einfriert. Alle anderen Banken verhalten sich gleich und kürzen bzw. frieren ihre Linien ebenfalls ein. Damit stehen dann benötigte Gelder (Liquidität) nicht mehr zur Verfügung und es können anstehende Löhne und Gehälter nicht mehr bezahlt werden. Damit ist das Unternehmen zahlungsunfähig!

Damit ist normalerweise der Insolvenzantrag die logische Konsequenz.

In dieser Phase ist auch ein Hinzuziehen von außenstehenden sachverständigen Sanierern (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Unternehmensberater und Rechtsanwälte) nicht mehr erfolgversprechend, da die Banken nicht mehr bereit oder in der Lage sind, die erforderlichen Mittel für die Anfertigung eines Gutachtens über die Fortführung des Unternehmens zur Verfügung zu stellen.

Damit ist in der Regel die Stellung eines Insolvenzantrags unvermeidbar. Leider fehlt dann die Zeit, noch ein Sanierungskonzept mit eventuellem Entwurf eines Insolvenzplans zu erarbeiten bzw. vorzustellen.

Trotzdem wird auch aus der Arbeit der Steuerberater und des Wirtschaftsprüfers immer zu erkennen sein, ob bei einer ersten Grobeinschätzung positive Sanierungsaussichten vorhanden sind.

Mit Hilfe des Insolvenzgeldes (3 Monate) kann in der Regel im vorläufigen oder eröffneten Insolvenzverfahren Liquidität geschaffen werden. Ein Einsatz von Insolvenzgeld zu Sanierungszwecken ist insolvenzrechtlich anerkannt.

Um eine übertragene Sanierung durchführen zu können, ist dann im Zeitraum des Insolvenzantragsverfahrens ein Restrukturierungskonzept zur betriebs- und ertragswirtschaftlichen Sanierung des Unternehmens unter Nutzung rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten zu entwickeln.

In den meisten Fällen ist in diesem Zusammenhang auch ein Personalabbau notwendig. Ein solcher Personalabbau ist außerhalb der Insolvenz – wegen der dort geltenden strengeren Kündigungsschutzbestimmungen – nur unter erschwerten Bedingungen und erhöhten rechtlichen Risiken sowie erheblichen finanziellen Belastungen möglich.

Im Hinblick auf die übertragene Sanierung im Wege des Insolvenzverfahrens besteht deshalb die Möglichkeit, den Personalabbau kostengünstiger und ausgewogener in der Personalstruktur zu gestalten. Auf diese Weise können auch sozial weniger geschützte Mitarbeiter oder Arbeitnehmer mit kürzeren Betriebszugehörigkeiten dem Unternehmen erhalten bleiben (Interessenausgleich mit Abfindungsvarianten).

Diese insolvenzbedingten Erleichterungen und Entlastungen erhöhen die Erfolgsaussichten der übertragenen Sanierung maßgeblich. Im Vorfeld können die Verfahrensbeteiligten darüber beraten, ob nun ein Insolvenzplanverfahren oder eine übertragene Sanierung zweckdienlicher ist. Die Argumente für und gegen die verschiedenen Handlungsalternativen in der Insolvenz sind vielfältig und müssen dann fallweise unterschiedlich bewertet werden. Sicherlich kommt es auf die Branche, die zur Verfügung stehende Zeit sowie die Interessen der Übernehmer/ Investoren an.


Analyse der Handlungsoptionen

In der Regel benötigt eine neu gegründete Gesellschaft (Auffanglösung) eine Finanzausstattung. Hier muss von vornherein klar sein, dass der mögliche Kaufpreis ggf. vom Insolvenzverwalter bzw. der Gläubigerversammlung des Schuldners als Kredit vergeben werden kann. Weiterhin kann die Schuldnerin aus ihrer Liquidität kurz- bzw. mittelfristige Darlehen zur Anschubfinanzierung für die neue Gesellschaft zur Verfügung stellen.

Die neue Gesellschaft wird sofort mit verbesserten Strukturen und den eingeleiteten Maßnahmen auf dem Markt auftreten. Jedes Bundesland der Bundesrepublik Deutschland hat unterschiedliche Fördermittel und Subventionen, damit Arbeitsplätze erhalten bzw. geschaffen werden. Bei übertragenen Sanierungen steht regelmäßig die Hilfe der Bürgschaftsbanken der Länder zur Verfügung. So sollten auf jeden Fall Ausfallbürgschaften bei mittel- und langfristigen Finanzierungen (Übernahme des Maschinen- und Anlagevermögens ist hier möglich) geprüft und ggf. beantragt werden.

Durch eine intensive Kommunikation mit Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern können insolvenzbedingt drohende negative Auswirkungen grundsätzlich vermieden werden.

Von Anfang an müssen alle Verfahrensbeteiligten darauf hinweisen, dass die Zielsetzungen der übertragenen Sanierung die Standortsicherung und der Arbeitsplatzerhalt sind.


Übertragene Sanierung in der Insolvenz

Die Aktiva des Schuldnerunternehmens werden durch Zuzählung der Passiva im insolvenzbehafteten Unternehmen auf einen anderen Rechtsträger übertragen. Das kann eine extra dafür gegründete Gesellschaft sein. Das kann aber auch ein Mitbewerber aus der Branche oder ein Investor sein, der langfristige Verzinsung seines Kapitals anstrebt.

Der erzielte Kaufpreis wird dem Schuldnerunternehmen erst einmal zugeschlagen. Damit wird die Masse des Schuldnerunternehmens angereichert und dient dazu, im Rahmen der Schlußverteilung des Insolvenzverfahrens ggf. Gelder an die Gläubiger auszuteilen. War das Schuldnerunternehmen (alter Rechtsträger) eine Kapitalgesellschaft, so wird sie dadurch entsprechend liquidiert.

Vor Veräußerung muss eine Neustrukturierung des Unternehmens oder des Unternehmensteils vorangehen. Kaufinteressenten sind an Kapitalverzinsung, Marktdurchdringung oder Umsatzsteigerungen interessiert. Sie werden sich nur für ein überlebens- bzw. konkurrenzfähiges Unternehmen interessieren.

Die Veräußerung eines Unternehmens oder eines Teils davon ist in den §§ 160 – 164 InsO – bisher nicht abschließend – geregelt. Der Insolvenzverwalter hat die Schwierigkeit, den Kaufpreis marktgerecht festzusetzen. Sollten die Gläubiger später nachweisen können, dass das Unternehmen nicht zu einem artgerechten Preis veräußert wurde und somit nicht genug Masse erzielt werden konnte, kann es zu einem Schadenersatzprozess gegen den Insolvenzverwalter kommen.

In der Regel wird der Insolvenzverwalter hinsichtlich der Bewertung auf einen erfahrenen Versteigerer bzw. ein spezialisiertes Unternehmen zurückgreifen. Die Gutachten sagen in der Regel aus, wie sich der Zerschlagungswert eines Unternehmens festsetzt bzw. wie der Fortführungswert zu sehen ist. Im Falle der Zerschlagung würde die Summe aller Einzelverwertungen dann den Gesamtwert ausmachen. Richtigerweise versucht der Verwalter den Fortführungswert am Markt durchzusetzen.

Die Schwierigkeit besteht aber darin, einen Fortführungswert auch marktgerecht durchzusetzen, wenn der Markt klein und übersichtlich ist und sich die Mitbewerberzahl sehr gering hält. Dann werden die Mitbewerber die “Verkaufsnot” des Insolvenzverwalters ausnutzen und durch ein “Aussitzen” der Situation den Preis drücken!

Grundsätzlich kann eine Veräußerung nur in eröffneten Verfahren erfolgen. Wird eine Veräußerung im vorläufigen Verfahren durchgeführt, so handelt es sich hier nur um einen zustimmungspflichtigen Verkauf, der in der Regel nach Insolvenzeröffnung durch die Gläubiger bestätigt werden muss. Der Gesetzgeber hat hier Lücken dahingehend gelassen, dass in den meisten Fällen die Mitbewerber zeitnah ein Unternehmen im Rahmen einer übertragenen Sanierung übernehmen wollen, da der Marktwert mit fortlaufender vorläufiger Insolvenz immer geringer wird.

Droht die Veräußerung unter Wert, so gibt es die Möglichkeit, dass das Gericht auf Antrag des Schuldners oder einer qualifizierten Gläubigermehrheit anordnet, die Veräußerung nur und ausschließlich mit Zustimmung der Gläubigerversammlung zuzulassen.

Das setzt aber voraus, dass der oder die Antragsteller glaubhaft machen können, dass eine Veräußerung an einen anderen Mitbewerber bzw. Investor für die Insolvenzmasse mehr Wert hätte.

Ohne eine solche Glaubhaftmachung ist nach § 162 InsO dagegen die Veräußerung des Unternehmens an "besonders Interessierte” von der Zustimmung der Gläubigerversammlung abhängig.

In der Regel sind “besonders Interessierte” solche Personen, die dem Schuldner nahestehen oder nachrangige Gläubiger, deren Forderungen und Absonderungsrechte mindestens 1/5 aller Absonderungsrechte und Insolvenzforderungen ausmachen.

Deshalb bedarf es hier bei der Festlegung des Verkaufspreises einer besonderen Transparenz, da sonst der Verdacht entstehen könnte, dass der erfragte und erzielte Preis nicht dem aktuellen Marktwert entspricht (Hier ist auch der Steuerberater des Schuldnerunternehmens gefragt, der die Unternehmer bzw. “besonders Interessierten” vertritt, die Wertermittlung ggf. zu überprüfen bzw. Mithilfe anzubieten).


Auffanggesellschaften für Personaltransfer und Qualifizierung

Wurden in der Vergangenheit bei Restrukturierungen bzw. Sanierungen im Insolvenzverfahren Mitarbeiter im Rahmen von Kostenentlastungen einfach so entlassen, werden heute Auffanggesellschaften gegründet, die sich mit Personaltransfer und Weiterqualifizierung auseinandersetzen.

Gerade bei mittelständischen Unternehmen gibt es große soziale Unruhe, wenn im Rahmen von Restrukturierungsmaßnahmen Mitarbeiter in größeren Zahlen entlassen werden. Können sich Inhaber/ Geschäftsführer/ Vorstand und Betriebsrat/ Gewerkschaft auf eine Auffanggesellschaft – auch Transfer- oder Qualifizierungsgesellschaft genannt – einigen, werden keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen.

Dann verständigen sich Geschäftsleitung und Mitarbeiter auf sogenannte Aufhebungsverträge. Die nicht mehr benötigten Mitarbeiter werden dann direkt von der Transfergesellschaft übernommen.

Löhne und Gehälter werden ab dem Zeitpunkt zu 60 oder 67% (bei einem Kind) von der Bundesagentur für Arbeit als Transfer-Kurzarbeitergeld bezahlt. Den Rest bis zum Lohnausgleich hat die Auffanggesellschaft zu leisten. Darin sind Betreuung und Weiterqualifikation ebenfalls enthalten. Der Saldo von 60 bzw. 67% bis 80 bzw. 100% der Löhne wird durch die Honorare, die die Unternehmen für die Übernahme der Mitarbeiter an die Auffanggesellschaft zahlen, beglichen.

Damit wird die Möglichkeit geschafft, dass im Rahmen von “Transfer-Kug” eine Weiterqualifizierung stattfinden kann, die es dann den ehemaligen Mitarbeitern erlaubt, besser ausgebildet in gleiche oder ähnliche Berufe einzusteigen.

Sollte sich der Unternehmer/ Geschäftsführer mit seinem Steuerberater dazu entschließen, in der außergerichtlichen Sanierung im Rahmen von Restrukturierungen die Dienste einer Transfergesellschaft zu nutzen, so sollte auf jeden Fall vorher geprüft werden, welche Erfolge die Auffanggesellschaft in der Vergangenheit bereits hatte und welche Unternehmen mit ihr bereits gearbeitet haben. Da im Moment die Beschäftigungsgesellschaften wie Pilze aus dem Boden schießen, ist von vornherein auf die Qualität der Mitarbeiter, die Art und Weise der Weiterqualifizierung und den Vermittlungserfolg zu achten.

In der Regel sind Auffanggesellschaften mit Branchenbezug die besten, da von hieraus auch die ehemaligen Mitarbeiter am erfolgreichsten in neue Unternehmen weiter vermittelt werden können.


[ 01.07.2016 ]



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