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Die Unternehmenskrise: Ihre Anzeichen und Auswege

Immer noch stehen sehr viele Unternehmen vor der Insolvenz. Auch in 2012 werden viele Unternehmen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen beantragen müssen, teilweise sicher auch durch die Gläubiger. Während sich die Wirtschaft allmählich erholt, schaffen es viele „finanziell ausgelaugte“ Unternehmen nicht mehr in den Turn-around, um wirtschaftlich gestärkt am Markt zu agieren.

Die Krise in den Unternehmen beginnt schleichend und wird in der Regel wegen kaum oder nicht vorhandenem Controlling erst spät, meist zu spät, erkannt. Erfahrungsgemäß beginnt es mit anhaltenden Verlusten, einer schlechten oder nicht vorhandenen Buchführung, der zu Beginn nicht spürbaren Abnahme des Kundenstamms und möglicherweise einer zunehmenden Belastung durch feste Kosten. Betriebswirte und wirtschaftserfahrene Juristen unterteilen die Unternehmenskrise in Phasen:

1. Phase:

Umsatz- und Ertragssituation sind zufriedenstellend, es besteht ein betriebswirtschaftlich ordentliches Verhältnis und die Liquidität reicht aus, um die laufenden Verbindlichkeiten des Unternehmens zu erfüllen. Der Unternehmer entnimmt einen vorweg genommenen Unternehmerlohn bzw. der geschäftsführende Gesellschafter erhält ein adäquates Gehalt, das er zum Leben und für private Investitionen (u. a. Haus) benötigt. Die Entnahmehöhe bzw. das Geschäftsführergehalt ist zu diesem Zeitpunkt noch auf einem angemessenen Niveau. D. h., in diesem Fall ist die Umsatz- und Ertragsrechnung, pro Quartal betrachtet, noch in einem leichten Wachstum bzw. auf einem gleichbleibend stabilen Niveau.

2. Phase:

Die Liquidität ist nach wie vor ausreichend, die Umsätze sind immer noch so gut, daß sie im Rahmen einer betriebswirtschaftlichen Auswertung die Aufwände kompensieren und den vorweg entnommenen Unternehmerlohn bzw. die Gehaltszahlung des Geschäftsführers erfolgt in gleicher Höhe. Jedoch ist die Umsatzprognose und die Auftragseingangshöhe je Quartal schon rückläufig.

3. Phase:

Eine noch nicht existenzbedrohende Liquiditätslücke entsteht. Gleichbleibende bzw. gestiegene Kosten stehen kontinuierlich sinkenden Umsätzen gegenüber, die aber vom Unternehmer noch nicht ernst genommen werden. Der Unternehmer / geschäftsführende Gesellschafter und seine (wenn) vorhandenen Berater hoffen auf Erholung der wirtschaftlichen Lage bzw. auf Nachaufträge von den Stammkunden. Daher wird auch keine Korrektur der Kosten- bzw. des vorweggenommenen Unternehmerlohnes / Geschäftsführergehaltes vorgenommen.

4. Phase:

Es kommt zu deutlichen existenzbedrohenden Liquiditätsengpässen. Die Umsatzentwicklung ist weiterhin stark rückläufig. Es werden keine wirtschaftlichen Maßnahmen ergriffen, um die Situation zu verbessern. In der Regel werden die Kontokorrentlinien der Kreditinstitute erhöht, die Lieferantenrechnungen verspätet und meist erst nach dem ersten Mahnlauf bezahlt, um die fehlende Liquidität zu beschaffen.

5. Phase:

Es besteht kaum noch eine Möglichkeit wirtschaftlich zu agieren. Handlungsspielraum ist kaum oder gar nicht mehr vorhanden. Die Liquidität kann nur noch durch „schieben von Rechnungen bis zum Mahnbescheid“ und durch Stundung erreicht werden. Es herrscht finanzielle Not. Fehlende Erträge lassen das gesamte Wirtschaftsgeflecht auseinanderbrechen. Hierbei können auch die Zinszahlungen und die Tilgungsleistungen für Maschinen, Anlagen und Leasing immer weniger oder gar nicht mehr bedient werden. Hohe Tilgungen und die eingeforderten Zinsen durch die Kreditinstitute tragen das übrige dazu bei, daß die Liquidität kaum oder gar nicht mehr vorhanden ist. Es herrscht Mangel, da Lieferanten nur noch zögerlich liefern und zum Teil eine Vorkasseregelung gefordert wird.

6. Phase:

Lieferanten liefern nur noch gegen Vorkasse. Die Kreditlinien sind bis zur vertraglich vereinbarten Linie und darüber hinaus in Anspruch genommen. Weitere Liquidität wird nicht zur Verfügung gestellt und Leasinggesellschaften sowie die Hausbank haben das Kreditengagement gekündigt. Der Unternehmer verliert seinen letzten vorhandenen Entscheidungsspielraum und droht zwischen den Vollstreckungsbemühungen seiner Gläubiger „zerrieben“ zu werden. Letztlich bleibt ihm nichts anderes übrig, als selbst einen Insolvenzantrag zu stellen, da regelmäßig die Berufsgläubiger (Krankenkassen, Finanzamt und Berufsgenossenschaften) mit einem Fremdantrag drohen.


Was ist ein angeschlagenes Unternehmen in einer solchen Situation noch wert?

In der Branche hat sich herumgesprochen, daß das Unternehmen mit eklatanten Schwierigkeiten kämpft und daher als angeschlagen gilt. Über den Steuerberater, der schon wesentlich früher auf die schwierige Situation hingewiesen hatte, wird eine renommierte M&A Gesellschaft an den Unternehmer / Geschäftsführer herangeführt, um vielleicht noch die Möglichkeit zu haben, das Unternehmen aus der Not heraus ohne Insolvenzantrag zu verkaufen. Während der Steuerberater oder speziell eingesetzte Unternehmensberater an einem Restrukturierungskonzept arbeitet, werden die M&A Spezialisten feststellen, daß sich der Wert des Unternehmens nur noch in der immer schwächer werdenden Kundenbeziehung wiederfindet. Maschinen- und Anlagevermögen sind marktseitig günstiger zu beschaffen und haben auch hier nicht mehr die aktuellste technische Ausstattung. Auch die Fluktuation im Hause des krisenbehafteten Unternehmens ist nach Ansicht der M&A Spezialisten bezogen auf die Kaufpreisfindung äußerst ungünstig. Die Fluktuation nimmt zu, so daß auch hier „Werte“ mit Kontakten und entsprechende Fachkompetenzen im Unternehmen nachhaltig verloren gehen.


Die Sanierungsbeteiligten überfordern den Unternehmer / Geschäftsführer

In der 6. Phase ist die Liquiditätssituation so schlecht, daß der Steuerberater bereits über „Prüfung auf Zahlungsunfähigkeit“ spricht. Buchhaltung und Controlling des Unternehmens sind in der Vergangenheit und in der letzten Zeit der Krise stark vernachlässigt worden, so daß viele Unterlagen, die von Seiten der Sanierungsbeteiligten (Banken, Kreditversicherer, Gläubiger, Berufsgläubiger) gefordert werden, noch nachzuarbeiten bzw. zu ergänzen sind. Der Unternehmer / Geschäftsführer ist in dieser Zeit hin und her gerissen, da er zu den außenstehenden Beratern kein gutes Verhältnis hat und er in der Regel aufgrund der Drucksituation nicht mehr wirklich weiß, wie sich die tatsächliche Situation des Unternehmens darstellt. Ein von der Bank beauftragter Unternehmensberater erklärt, daß das Unternehmen seit Jahren einen Investitionsstau hat, die nunmehr erstellte Nachkalkulation zeigt, daß die produzierten Produkte überteuert sind und bei der Analyse auch auffällt, daß regelmäßig unter Preis verkauft wurde, damit überhaupt Umsätze zustande kamen.


Hilfe von außen wurde zu spät geholt!

Sowohl Steuerberater als auch Unternehmensberater und Banken sind sich einig, daß eine fachkompetente Durchleuchtung des Unternehmens und die daraus resultierenden Maßnahmen schon vor mehreren Jahren hätten durchgeführt werden müssen. Der Steuerberater hat auch entsprechend in seinen Aufzeichnungen dokumentiert, daß er regelmäßig dem Unternehmer / Geschäftsführer mitgeteilt hat, daß zukunftsweisende Maßnahmen einzuleiten seien. Der Unternehmer / Geschäftsführer war sich sicher, daß die konjunkturelle Lage und die gesamte Unternehmenssituation sich ohne große Änderungen wieder verbessern würden und damit keine Restrukturierungsmaßnahmen nötig seien.


Abwehrende Haltung des Unternehmers / Geschäftsführers gegen außenstehende Berater

Sowieso hielt der Unternehmer / Geschäftsführer nichts davon, von außen Berater ins Unternehmen zu lassen, die dann nur das festgestellt hätten, was er sowieso schon wußte bzw. was er an unpopulären Maßnahmen nicht umsetzen wollte. Auch die Kosten von außenstehenden Spezialisten sind ein Hemmnis, da der Unternehmer / Geschäftsführer durch Freundeskreise, „selbst ernannte“ Sanierungsspezialisten und Familienangehörige genug Unterstützung erfährt. Nebenbei steht hier auch das psychologische Hemmnis als Unternehmer / Geschäftsführer zu zeigen, daß man den Problemen nicht gewachsen ist und deshalb die Hilfe Dritter benötigt!


Die Unternehmensführung nach Gutsherrenart rächt sich!

Der regelmäßig im kleinen und mittelständischen Unternehmen geführte patriarchische Führungsstil und die Art und Weise, wie das Unternehmen und seine Mitarbeiter geleitet werden, wirkt sich gerade in der Krise verhängnisvoll aus.

Familiengeführte Unternehmer haben gelernt, daß sie die alleinigen Entscheider sind, und daß Außenstehende kein Recht bzw. keine Kompetenz haben, diese Entscheidungen anzuzweifeln. Stark hierarchisch geführte Unternehmen können in der Regel auch Ideen und Verbesserungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (gerade in der Krise) aus den unteren Entscheidungsebenen niemals erreichen, da ein solches Engagement bei den Unternehmern / Geschäftsführern überhaupt nicht erwünscht ist.

In der Phase 6 der Krise wird die Bank bereits eine Entscheidung dahingehend getroffen haben, daß selbst bei einer nicht eintretenden Insolvenz eine weitere Zusammenarbeit mit dem Unternehmer / Geschäftsführer nur unter strengsten Bedingungen möglich ist und die Bank einen weiteren Geschäftsführer / Handlungsbevollmächtigten erwartet, um das Unternehmen wirtschaftlich wieder zu gesunden. Die Bank wird (wenn überhaupt noch) spätestens bei der Präsentation des Sanierungskonzeptes deutlich darauf hinweisen, daß das Vertrauen in die jetzige Geschäftsleitung verloren gegangen ist und nur eine außenstehender, konsequenter Sanierer die Bank überhaupt noch zum Stillhalten bei den Linien bewegen. So trifft das ein, was der Unternehmer als niemals für möglich gehalten hatte, alle Verfahrensbeteiligten halten ihn für nicht fähig genug, das Unternehmen aus der Krise herauszuführen.


Insolvenz – das Aus des Unternehmens?

Der Unternehmer / Geschäftsführer persönlich tief getroffen von den Aussagen der Sanierungsbeteiligten zieht sich verärgert und enttäuscht zurück und ist auch nicht willens, die geforderten persönlichen Einschnitte sowie die Abgabe von Kompetenzen umzusetzen. Können keine Gelder mehr aus dem Familien- und Freundeskreis in das Unternehmen als Liquiditätshilfe eingebracht werden, so ist die Insolvenz unausweichlich.


Wege aus der Krise

1. Außergerichtliche Sanierung

Grundsätzlich sollte immer eine außergerichtliche Sanierung vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens angestrebt werden. Nicht nur, daß der Unternehmer / Geschäftsführer seine Handlungsfreiheit behält, sondern auch der Erhalt des guten Rufs regelmäßig auch auf den Kundenstamm auswirkt, ist ein Vorteil der außergerichtlichen Sanierung vor dem Insolvenzverfahren. Die Sanierungschancen bei vorzeitiger Krisenerkennung sind darüber hinaus deutlich erhöht! Nur ernsthafte und nachhaltige Sanierungsbemühungen können helfen, eine drohende Insolvenz abzuwenden. Hierbei gilt nicht „Versuch und Irrtum“!

Werden die Sanierungserfolge nicht erkennbar bzw. können keine nachhaltigen zukunftsbezogenen Sanierungserfolge erzielt werden, können sich für den Schuldner bzw. für seinen Berater Schadenersatzpflichten ergeben, die im Rahmen der Anfechtung durch den Insolvenzverwalter gestellt werden können bzw. auch durch andere Gläubiger, die möglicherweise dann ihre Ansprüche zivilrechtlich im Wege von Schadenersatz durchzufechten versuchen!

Die Kostensenkung im Rahmen von Fixkosten ist der erste Block einer außergerichtlichen Sanierung. Hinzu kommen die zur Reduzierung der Dauerschuldverhältnisse im Rahmen von Miet- und Energiekosten, Leasing-, Liefer-, Versicherungs- und Servicekosten. Die Lohn- und Gehaltsstrukturen müssen ebenfalls geprüft und die Mitarbeiterzahl den sinkenden Umsätzen und Erträgen gegenübergestellt werden. Entlassungen mit anschließender Sanierung sind empfehlenswerter, als das gesamte Unternehmen mit allen Mitarbeitern der Insolvenzgefahr preiszugeben.

Es ist im Rahmen der Umsatz- und Ertragsprüfung darauf zu achten, daß die Rechnungen zeitnah und auch in der richtigen Höhe gestellt werden und inwieweit das Debitorenmanagement aktualisiert werden muß, falls kein Zentralregulierer (Factoring) dazwischen geschaltet ist. Daneben ist die Variante von Kooperationen, zentralem Einkauf oder gemeinsamen Vertriebs mit anderen Unternehmen der gleichen Branche im Rahmen der Sanierungsbetrachtung ebenfalls zu prüfen.

Ziel muß es sein, planerisch eine nachhaltige Gewinn- und Ertragssituation zu erhalten, die es auch dem Unternehmer / Geschäftsführer erlaubt, davon einen der Sanierung angemessenen Lebensstandard zu halten. Regelmäßig muß der Unternehmer / Geschäftsführer selber auch in seinem Privatleben Abstriche machen, da sonst die Gewinnsituation (und dazu zählen auch die Steuerrückstellungen) nicht ausreicht, um den privaten Lebensstandard zu bedienen.

Neben den vorgenannten, im Schwerpunkt betriebswirtschaftlichen Schritten, steht auch die externe Sanierung an. Regelmäßig lohnt es sich, eine vergleichsweise Einigung mit den Gläubigern zur Reduzierung der Verbindlichkeiten zu verhandeln. Auch bei strittigen Verbindlichkeiten kommt dies möglicherweise in Betracht.

Die Gläubiger werden nur dann auf Teile bzw. auf ihre komplette Forderung verzichten, wenn sie den Nachweis erhalten, daß dadurch künftige geschäftliche Beziehungen zu dem Unternehmen gesichert werden, oder der Verzicht unter der auflösenden Bedingung steht, daß ggf. die Schulden bei nachhaltiger wirtschaftlicher Besserung der Verhältnisse des Schuldners wenigstens teilweise wieder aufleben (Besserungsschein).

In der Regel werden die Gläubiger eine langfristige außenstehende Begleitung einfordern, damit die möglichen kaufmännischen Fehler, die durch den Unternehmer / Geschäftsführer gemacht worden sind, nicht wiederholt werden! Nur dann werden die Gläubiger dem Unternehmer / Geschäftsführer bzw. dem verbleibenden Management eine zweite Chance einräumen, so daß damit die außergerichtliche Sanierung auch Aussicht auf Erfolg hat.

Zu berücksichtigen ist immer auch die steuerliche Situation, da ein außergerichtlicher Vergleich steuerlich einen außerordentlichen Ertrag darstellt, der grundsätzlich zu versteuern ist. Schon in der Phase der Erstellung des Sanierungskonzeptes muß also festgestellt werden, welcher Sanierungsgewinn bei Abschluß der Vereinbarung auf das Unternehmen zukommt und ob dieser durch etwaige Verlustvorträge kompensiert werden kann. Sollten dann noch steuerliche Forderungen übrig bleiben, so ist auch mit dem Fiskus eine vergleichsweise Einigung zu erzielen. Der Gesetzgeber läßt mittlerweile bei klarer Sanierungsabsicht und Erhalt von Arbeitsplätzen solche Möglichkeiten zu.


2. Sanierung durch Insolvenz

Eine gescheiterte außergerichtliche Sanierung heißt nicht, daß nunmehr das Unternehmen verloren ist, sondern – was häufig übersehen wird – auch das Insolvenzverfahren bietet Sanierungsinstrumente an. Da ein wirtschaftliches Scheitern in unserem Lande immer noch als Schande gilt, ziehen es viele Unternehmer / Geschäftsführer vor, ihr Unternehmen still zu liquidieren und dann die Verbindlichkeiten privat zu übernehmen!

Solange das Unternehmen noch tätig ist und der Kundenstamm halbwegs stabil gehalten werden kann, steht damit für die Sanierung ein nicht zu unterschätzendes Kapital zur Verfügung, das im Rahmen eines Fortführungskonzeptes das einzige noch verbliebene und einsetzbare Kapital sein dürfte. Die Schließung des Unternehmens und die Übernahme der Schulden ins Privatvermögen hingegen, bringt dem Unternehmer / Geschäftsführer in der Regel nur die Verbraucherinsolvenz. Die von vielen gewünschte Restschuldbefreiung ist sowieso nur dann möglich, wenn von vornherein ein Eigenantrag gestellt wird und im Rahmen des Verfahrens der Gemeinschuldner entsprechende Gelder über seiner Pfändungsfreigrenze hinaus an den Treuhänder abführt. Wird gegen das Unternehmen ein Fremdantrag gestellt, so muß der Unternehmer als Schuldner innerhalb einer Frist von 14 Tagen selber Eigenantrag stellen, da sonst der Weg der Restschuldbefreiung gänzlich versagt bleibt.

Auch die Möglichkeit über das Regelinsolvenzverfahren das Unternehmen durch ein Insolvenzplanverfahren zu sanieren, sollte vorab geprüft werden.

Das Insolvenzplanverfahren erlaubt die quotale Befriedigung der Gläubiger abseits der gesetzlichen Regelung. Hierbei steht eine einvernehmliche Bewältigung der Insolvenz durch Verhandlungen und privatautonome Austauschprozesse im Vordergrund. Das Unternehmen muß bei einem solchen Verfahren nicht eingestellt werden, sondern wird in der Regel durch den Unternehmer / Geschäftsführer selber fortgeführt. Parallel dazu werden dann in einem vorgegebenen Rahmen das Gericht und alle abstimmungsberechtigten Gläubiger von dem Insolvenzplan zu überzeugen sein, um anschließend die Sanierung nach Maßgabe des Insolvenzplans durchzuführen.

Bei großen Unternehmen gibt es auch die Möglichkeit, daß die Geschäftsleitung und / oder der Vorstand im Rahmen des Eilinsolvenzverfahrens als Eigenverwalter benannt wird. Damit behält der Vorstand bzw. die Geschäftsleitung seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse, unterliegen jedoch der Aufsicht eines sogenannten Sachwalters. Die Eigenverwaltung muß im Rahmen eines Fortführungskonzeptes genau definiert sein und hier muß der Antragsteller sehr wohl nachweisen, daß er über die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse verfügt und nicht an der wirtschaftlichen Misere des Unternehmens beteiligt ist, damit das Unternehmen im Rahmen der Eigenverwaltung wieder gesunden kann.

Eine weitere Möglichkeit, das Unternehmen zu erhalten, steht in der sogenannten „übertragenen Sanierung“ – auch sanierende Liquidation genannt. Das Unternehmen mit sämtlichem Anlagevermögen und in der Regel mit einem Teil der Mitarbeiter (§ 613 a BGB ist zu prüfen und Rückstellungen sind zu bilden) wird auf einen anderen Rechtsträger übertragen. Das kann ein Mitbewerber sein, ein befreundeter Unternehmer bzw. ein neu gegründetes Unternehmen, was die Geschäfte fortführen will. Damit ist jedoch keine echte Sanierung erfolgt, sondern nur die Voraussetzungen für die leistungs- und finanzwirtschaftliche Sanierung durch einen patenten Dritten geschaffen!

In der Zeit kann das Unternehmen von dem Gemeinschuldner bzw. dem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin mit eingeschränkter fachlicher Unabhängigkeit fortgeführt werden. Das von Insolvenz betroffene Unternehmen kann sowieso nur von den bisherigen leitenden Angestellten und der noch vorhandenen Belegschaft fortgeführt werden, weil das fachliche Wissen eben nur bei den leitenden Mitarbeitern liegt. Eine Fortführung durch den Insolvenzverwalter als „Außenstehender“, ist normal nicht der Fall, hier wird dann auf einen Interimsgeschäftsführer bzw. Bevollmächtigten zurückgegriffen, der Branchenerfahrung besitzt und das Unternehmen lenkt und leitet.

Wirtschaftlich kann das Unternehmen nur dann weitergeführt werden, wenn der Unternehmer / Geschäftsführer / Interimsmanager seine Kunden in Zukunft auch so betreut, wie er dies in der Vergangenheit bereits getan hat - ausgehend davon, daß die Kundenbetreuung in der Vergangenheit fehlerfrei funktioniert hat. Ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen dem Unternehmer / Geschäftsführer und einzelnen Kunden ist keine Garantie dafür, daß die Umsätze auch weiter erreicht werden könne. Die Bindung des Kundenstamms an das Unternehmen ist für den Fortgang jedweder Sanierung oberste Pflicht der Verfahrensbeteiligten.



3. Liquidation in der Insolvenz

Sind Sanierungsfähigkeit und Sanierungswürdigkeit nicht gegeben, kommt auch in der Insolvenz nur noch eine Liquidation in Frage. Der Insolvenzverwalter wird mit Zustimmung des Gerichts die Insolvenzmasse nach Maßgabe des Insolvenzbeschlags veräußern. Unter Masse wird heute das gesamte Anlage- und Umlagevermögen einschließlich des Kundenstamms als Verkaufswert verstanden. Dies muß sehr schnell gehen, damit auch der tatsächliche Wert des Unternehmens in der Liquidation festgestellt werden kann, da sonst ein Unsicherheitsfaktor bezüglich der Werthaltigkeit bleibt.

Im Regelinsolvenzverfahren ist ebenfalls die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung gegeben. Voraussetzung hier ist die vollständige Verwertung des Unternehmens sowie ein vorheriger Antrag zur Restschuldbefreiung durch den Unternehmer / Geschäftsführer. Danach wird über einen Zeitraum von 6 Jahren der Unternehmer versuchen, im Rahmen der Wohlverhaltensperiode seine Redlichkeit zu beweisen, indem er den pfändbaren Teil seines dann hoffentlich wieder vorhandenen Arbeitseinkommens zur Begleichung der verbliebenen Schuldner zur Verfügung stellt (dies gilt nur bei inhabergeführten Unternehmen, da Kapitalgesellschaften in der Regel sofort vom Handelsregister abgemeldet werden und es auch keinen Bedarf der Restschuldbefreiung gibt!).

Die Pfändungsfreigrenze wird auch durch die familiären Bindungen gekennzeichnet. So muß geklärt werden, ob er seiner Frau gegenüber unterhaltspflichtig ist, ob er unterhaltspflichtige Kinder hat bzw. aus anderen Beziehungen ebenfalls Kinder vorhanden sind, denen er unterhaltspflichtig ist.

Die Gerichte achten mittlerweile darauf, daß der Schuldner auch wirklich versucht, sich entsprechend Arbeit zu beschaffen, die es ihm erlaubt, einen Teil des Geldes über der Pfändungsfreigrenze hinaus an seine Schuldner zu überweisen, damit er den Nachweis der Redlichkeit auch erbracht hat. Auch ein Nachweis darüber, daß trotz Bemühung keine zumutbare Arbeit gefunden werden konnte, ist zu erbringen. Am Ende der Wohlverhaltensperiode steht dann die Restschuldbefreiung. Die Forderungen bestehen zwar weiterhin, sind aber nach Ablauf der 6-Jahres-Frist von Seiten der Gläubiger nicht mehr durchsetzbar!


4. Alimentierung / Unterstützung durch die Masse

Wirkt der Unternehmer / Geschäftsführer während des Insolvenzverfahrens bei der Fortführung des Unternehmens mit, darf der vorläufige Insolvenzverwalter dem Unternehmer / Geschäftsführer bis zur endgültigen Entscheidung der Gläubigerversammlung keine Alimentierung / Unterstützung aus der Masse gewähren, sondern lediglich den notwendigen Unterhalt bezahlen. Dies ist bei vielen Unternehmern / Geschäftsführern ein riesiges Problem, da sie einen entsprechenden Lebensstandard haben und halten wollen! Außer einem adäquaten Unterhalt, der sich in der Regel im Rahmen eines Gehaltes an der Pfändungsfreigrenze, bezogen auf die Familiensituation ansiedelt, wird es keine weitere Unterstützung geben, da primär die Befriedigung der Gläubigerinteressen im Vordergrund stehen. Ein vernünftiger Insolvenzverwalter wird in der Gläubigerversammlung immer argumentieren, daß es besser gewesen sei, einen etwas höheren Zahlbetrag an den Unternehmer / Geschäftsführer zu überweisen, als ohne die Kompetenzen des Gemeinschuldners das Unternehmen sofort abzuwickeln und damit keine Anreicherung der Masse zu erreichen. Es ist hier auch noch zu unterscheiden, ob der Gemeinschuldner / Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin sich vorher untadelig verhalten hat; dann werden die Gläubiger sicher im Nachtrag eher ihre Zustimmung geben, als wenn der Unternehmer schon vorher durch mögliche kriminelle Handlungen zu Lasten der Gläubiger aufgefallen ist.


[ 01.07.2012 ]



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